Berlin. .

Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert mussten gehen, weil ihr Chef, Verteidigungsminister zu Guttenberg, kein Vertrauen mehr zu ihnen hatte. Zu recht? Die Opposition spricht von einer Panikreaktion.

Es war stickig im abhörsicheren Sitzungssaal des Reichstages. Und um 1.20 Uhr in der Früh nach gut zwölf Stunden Sitzungsmarathon kann man gewiss auch schon mal auf seltsam schlichte Gedanken kommen.

Dieser hier, vertraulich beschrieben von zwei der rund 30 Parlamentarier, die seit Donnerstagnachmittag an der faktengesättigten Vernehmung eines gekränkten Ex-Generalinspekteurs und eines noch gekränkteren Ex-Staatssekretärs im Untersuchungs-Ausschusses den Bundestages zur Tragödie von Kundus beteiligt waren, gewinnt schleichend an Überzeugungskraft, wenn man sich einmal auf ihn einlässt: Der Minister der Verteidigung, Karl-Theodor zu Guttenberg, bekommt am 25. November einen Anruf von der „Bild“-Zeitung. Am folgenden Tag, eröffnen ihm die Journalisten, werde ein Bericht der deutschen Militärpolizei veröffentlicht, der das Geschehen in Nordafghanistan in ein neues, für die Bundesregierung womöglich unvorteilhaftes Licht rücken könnte. Dass Feldjäger unmittelbar nach dem Bombenabwurf auf Tanklaster, Taliban und Unschuldige am Tatort recherchiert haben dürften, kann den ehemaligen Gebirgsjäger Guttenberg nicht gewundert haben. Das Papier selbst, verfasst von Oberstleutnant Brenner, kennt er zu diesem Zeitpunkt aber nicht.

Wer wann was gewusst hat

Guttenberg bestellt seinen Generalinspekteur und den zuständigen Staatssekretär ein und konfrontiert sie sinngemäß mit der Frage, ob sie ihm in punkto Berichtswesen etwas verheimlicht haben könnten. Schneiderhan und Wichert verneinen, noch nicht ahnend, was kommen sollte.

Im Ausschuss verwenden beide viele Minuten auf die Schilderung, wie und wann und wie umfassend sie wen und warum über die Details aus Kundus informiert haben wollen; bis, aber das nur am Rande, ins Kanzleramt hinein. Dann fragt Guttenberg, von „Bild“ informiert, unter anderem gesondert nach dem Feldjägerbericht. Schneiderhan und Wichert haben dem 40-seitigen Werk nie eine auch ansatzweise relevante Bedeutung beigemessen. Im Gegenteil. Zu viel mehr als zu fragwürdigen Spekulationen, sagen sie im Ausschuss mehr als einmal, habe das Ding nicht getaugt. Und das bisschen, was relevant gewesen sei, wollen sie in die allgemeine Berichtslage der Nato eingespeist haben, die dem Minister zum Zeitpunkt seiner Kritik längst vorlag.

Gestörtes Vertrauensverhältnis

Guttenberg verlangt an jenem Nachmittag des 25. November 2009 von Schneiderhan und Wichert dennoch die zügige Vorlage des Berichtes. Als er ihm zwei Stunden später gebracht wird, ist das Schicksal von Schneiderhan und Wichert besiegelt. Er eröffnete ihnen nacheinander die Entlassung in den vorzeitigen Ruhestand. Begründung: gestörtes Vertrauensverhältnis. Später, in einer Fernseh-Talkshow, bekräftigt Guttenberg, ihm seien zur Meinungsbildung in der Causa Kundus unerlässliche Unterlagen „unterschlagen“, beziehungsweise „vorenthalten“ worden. Obwohl seit Monaten auf allen militärischen Ebenen seines Hauses Einvernehmen darüber herrscht, dass der Feldjägerbericht zur Aufklärung „rein gar nichts beisteuern kann“, wie ein hoher Militär dieser Zeitung bestätigte.

Flankenschutz

Während die Union im Ausschuss Guttenberg Flankenschutz signalisiert („er fühlte sich nun einmal nicht komplett informiert“) und den Feldjägerbericht zur Schrift mit großer Aussagekraft aufwertet, bastelt die Opposition an einer Deutung, die Guttenberg vor seiner Vernehmung am 22. April nicht gefallen wird: „Der Minister hat in einer Panikreaktion zwei seiner besten Leute geopfert. Dabei hatte Bild nur heiße Luft zu verkaufen.“