Berlin. .

Über den „mündigen Bürger in Uniform“ hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) noch in jeder seiner Reden ein Plätzchen gefunden. Aber wie mündig darf der Soldat von heute sein? Hennig Hars hat Zweifel. Der General erhielt Ende vergangener Woche seine Entlassungsurkunde.

Ein Brief, den er im Zusammenhang mit der Affäre um den Luftschlag von Kundus an Guttenberg geschrieben hatte, wurde dem achtfachen Vater zum Verhängnis. Über den Inhalt ist nur so viel bekannt: Hars äußerte dem Vernehmen nach massive Kritik am Umgang des Ministers mit Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert. Beide waren von Guttenberg entlassen worden, weil sie ihm angeblich wichtige Informationen zum Luftschlag vom September 2009 in Nordafghanistan vorenthalten haben sollen, den Bundeswehroberst Georg Klein zu verantworten hat. Schneiderhan und Wichert bestreiten das.

Schneiderhan und Wichert
sagen vor Ausschuss aus

Henning Hars kritisiert Wolfgang Schneiderhans Entlassung durch Guttenberg. Foto: imago
Henning Hars kritisiert Wolfgang Schneiderhans Entlassung durch Guttenberg. Foto: imago

Oppositionspolitiker von SPD, Linkspartei und Grünen halten den erneuten Fall von rabiater Personalpolitik an der Spitze des Verteidigungsministeriums für „sehr bedenklich“, zumal am kommenden Donnerstag Schneiderhan und Wichert im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages als Zeugen gehört werden. Erhärten sie, was allgemein erwartet wird, den Eindruck, Guttenberg habe sie als Bauernopfer in der Affäre benutzt, geriete der Verteidigungsminister abermals ins Kreuzfeuer.

Zur Erinnerung: Der Minister, dessen Vernehmung im Ausschuss nicht vor Ende April geplant ist, hatte im Fall Kundus selbst für die größten Irritationen gesorgt. Eine Woche nach Amtsantritt bezeichnete er den Angriff, bei dem über 140 Menschen starben, darunter auch Zivilisten, als militärisch angemessen und fügte hinzu, die Bombardierung der Tanklaster hätte trotz begangener Verfahrensfehler angeordnet werden müssen. Eine Woche nach der Entlassung Schneiderhans und Wicherts Ende November 2009 korrigierte Guttenberg seine Meinung grundlegend und nannte den Einsatz unangemessen.

Die Entlassung von General Hars kommt für Guttenberg zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Am Dienstag wird der ausscheidende Wehrbeauftragte des Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), seinen jährlichen Bericht vorlegen. Darin werden nicht nur die jüngsten Fälle von bizarren Missbrauchs-Ritualen in einzelnen Kasernen aufgelistet. Robbe, der von dem FDP-Politiker Hellmut Königshaus abgelöst wird, hat jetzt der Zeitung „Das Parlament“ gesagt, dass die neue Afghanistan-Strategie der Bundesregierung für die Bundeswehr deutlich größere Risiken berge.

Die „dritte Front“: Die
Wehrdienst-Verkürzung

„Die Gefahr wächst, dass Soldaten verwundet und sogar getötet werden“, so Robbe mit Blick auf die vereinbarte engere Zusammenarbeit deutscher und amerikanischer Streitkräfte am Hindukusch. Außerdem machte Robbe die politische Führung der Bundeswehr für den eklatanten Ärztemangel innerhalb der Truppe verantwortlich. Hier sei es „fünf Minuten nach zwölf“.

Guttenberg steht noch an einer „dritten Front“ unter Druck. In dieser Woche geht den Fraktionen des Bundestages der Entwurf zur Reform des Grundwehrdienstes zu. Zentrale Bestandteile: die Verkürzung von neun auf sechs Monate und eine Lockerung der Einberufungskriterien. Beides ist innerhalb des Parlaments umstritten.