Berlin. .

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird frühestens in vier Wochen vor dem Untersuchungsausschuss zu den tödlichen Luftschlägen von Kundus aussagen. Unterdessen gerät er in zusätzliche Erklärungsnot, denn ein neues Papier des Einsatz-Führungsstabs ist aufgetaucht.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird frühestens in vier Wochen vor dem Untersuchungsausschuss zu den tödlichen Luftschlägen von Kundus aussagen. Auf diesen Zeitplan einigten sich die Verteidigungsexperten von Union und SPD vor der Sitzung am (heutigen) Donnerstag. Der Ausschuss soll klären, ob der vom deutschen Oberst Georg Klein befohlene Luftangriff auf zwei Tanklaster am 4. September in Nord-Afghanistan rechtmäßig war. Guttenberg geriet unterdessen in zusätzliche Erklärungsnot.

Der CSU-Politiker hatte Anfang November erklärt, der tödliche Luftschlag, bei dem bis zu 142 Menschen getötet wurden, sei unvermeidlich gewesen. Laut «Süddeutscher Zeitung» enthält aber ein jetzt bekanntgewordenes Papier seines Einsatz-Führungsstabs, das Guttenberg seinerzeit vorlag, dafür keine Anhaltspunkte. Es unterstreicht vielmehr die von der NATO festgestellten Fehler des Kommandeurs Klein, der den Luftschlag angeordnet hatte.

Das Papier des Stabes enthält laut «SZ» auch alle wesentlichen Kritikpunkte, die Guttenberg erst aus späteren Berichten erfahren haben will, die ihm zunächst nicht vorgelegen hätten. Sie führten letztlich zur Entlassung von Staatssekretär Peter Wichert und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan.

Vorgeschichte

Unter dem Datum 3. November analysierte der Einsatzführungsstab demnach den geheimen NATO-Untersuchungsbericht, der am 28. Oktober, dem Tag der Amtsübernahme Guttenbergs, im Verteidigungsministerium eingegangen war. Über diesen NATO-Bericht unterrichtete Guttenberg am 6. November die Bundestagsfraktionen. Anschließend sagte der Minister auf einer Pressekonferenz, dass der Luftschlag als «militärisch angemessen» zu bewerten sei. Darüber hinaus erklärte er mehrmals, dass es zwar «Verfahrensfehler» gegeben habe, es aber auch ohne diese Fehler zu dem Angriff hätte «kommen müssen».

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. © Getty Images

Aus dem Papier geht laut «Süddeutscher Zeitung» hervor, dass der Luftschlag keineswegs, wie vom Ministerium wochenlang dargestellt, nur die Zerstörung der beiden Tanklaster zum Ziel gehabt hat. Vielmehr habe Klein auch die Taliban selbst «bekämpfen» wollen, die sich bei den Lastern auf der Sandbank im Kundus-Fluss aufhielten. Deshalb habe er auch den Vorschlag der US-Piloten abgelehnt, die Rebellen durch niedrige Überflüge zu verjagen. Darüber hinaus habe Klein den Einsatz der US-Kampfbomber durch die wahrheitswidrige Aussage erreicht, Truppen hätten Feindberührung. Dies ist eine der Voraussetzungen, unter denen Luftunterstützung in Afghanistan angefordert werden kann.

Guttenberg revidierte seine Einschätzungen Anfang Dezember. Wie er angesichts der ihm vorliegenden Informationen überhaupt zu dieser Bewertung gekommen ist, wird er dem Untersuchungsausschuss erklären müssen.

«Politiker kommen ab der vierten Woche»

Die Verteidigungsexperten von Union und SPD verständigten sich am Mittwochabend auf einen Kompromiss im Streit über die Vorgehensweise. «Wir haben uns nach einer mühsamen Prozedur auf ein Verfahren geeinigt», teilte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, der in Halle erscheinenden «Mitteldeutschen Zeitung» mit. «Wir werden drei Sitzungstage die Details von Kundus untersuchen - und dann den gesamten Themenbereich der politischen Kommunikation.» Weiter sagte er: «Die Politiker kommen also ab der vierten Woche.»

Wie die «Berliner Zeitung» meldet, konnte sich die Opposition aus SPD, Grünen und Linksfraktion am Mittwochabend nicht mit ihrem Vorschlag durchsetzen, den Minister schon kommende Woche zu vernehmen. Union und FDP hätten das in einer Besprechung der Obleute der fünf Bundestagsfraktionen blockiert. Um anhaltenden Streit über die Zeugenliste und eine mögliche Klage der SPD zu vermeiden, einigten sich die Fraktionsvertreter demnach nun auf den Kompromiss. (apn)