Neuss. .

Die CDU will sich in der Parteienfinanzierung offenbar nicht länger treiben lassen. „General“ Krautscheid erklärte sich auf dem Zukunftskongress bereit, künftig die Sponsoren- Summen von Parteitagen zu veröffentlichen. Rüttgers gestand, dass ihm die Sponsoring-Affäre unter die Haut gehe.

Beim sechsten „Zukunftskongress“ der NRW-CDU sollte es um die ganz großen Fragen der Wirtschafts- und Sozialordnung gehen: „Neue Moral oder altes Casino?“, lautete der Arbeitstitel der Veranstaltung in einem Neusser Tagungshotel, bei der ein informelles Bündnis für Arbeit aus Politik, Unternehmern und Gewerkschaften die Lehren aus der globalen Finanzkrise diskutieren wollten.

Doch bei diesem Zukunftskongress standen vor allem die jüngere Vergangenheit der CDU und die eigene Moral im Zentrum. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers erklärte mit, wie er einräumte, „belegter und vergrippter Stimme“ ungewohnt freimütig seinen Gemütszustand nach der Sponsoring-Affäre: „Wenn man Käuflichkeit unterstellt bekommt, geht einem das schon unter die Haut.“

Krautscheid beklagt „persönliche Kampagne“ gegen Rüttgers

Im Hotel-Foyer belagerten derweil Fernsehteams die Sponsoren-Stände von Unternehmen wie Bayer, UPS oder Douglas – und jede Servicehilfe, die nicht schnell genug verschwinden konnte, wurde nach vermeintlich gekauften Einzelgesprächen mit Rüttgers befragt. In diesem Klima hatte es der Ministerpräsident schwer, mit seinem langen Grundsatzreferat zu „mehr Wachstum, weniger Schulden, mehr Solidarität und mehr Innovation“ durchzudringen. „Es hat bei der Akquise der Sponsoren Wege gegeben, die nicht korrekt waren. Es wurden Dinge versprochen, die man nicht versprechen darf“, räumte der designierte CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid ein. Zugleich verwies er auf die rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und beklagte eine „persönliche Kampagne“ gegen Rüttgers. Er forderte die SPD auf, zu einem Streit über Inhalte zurückzukommen: „Das ist kein Wahlkampf, das ist unverschämt.“ Mit Blick auf den SPD-Chef und dessen Verfehlungen rief der im neuen Amt offenbar rhetorisch angekommene Krautscheid: „Wer dermaßen im Glashaus sitzt wie Sigmar Gabriel, sollte nicht den Kugelblitz spielen.“

Die CDU will sich in der Frage der Parteienfinanzierung offenbar nicht länger treiben lassen. Krautscheid erklärte sich bereit, künftig nicht mehr nur die Veranstaltungssponsoren der CDU zu nennen, sondern auch die Summen zu veröffentlichen, mit denen sie die Partei unterstützen. „Es wird offen gelegt, was offen zu legen ist, dann gewinnt man das Vertrauen auch zurück“, glaubt Rüttgers angesichts sinkender Umfragewerte.

Armin Laschet erhält kommissarisch neue Zuständigkeit

Der Regierungschef schließt nach dem aktuellen politischen Klimasturz in NRW die Reihen. Nachdem der Rüttgers-Vertraute Krautscheid aus dem Kabinett in die CDU-Zentrale wechselte, übernimmt überraschend Familienminister Armin Laschet kommissarisch dessen ministerielle Zuständigkeit für Europa und Bundesangelegenheiten. Ein kleines, aber feines Signal, dass Rüttgers seine beiden ehrgeizigen, womöglich rivalisierenden Mitstreiter gleichermaßen mit Vertrauen ausstattet. Zudem darf der urwüchsige Sozialminister Karl-Josef Laumann den Chef rustikal anpreisen: „Rüttgers symbolisiert den Zusammenhalt in NRW“, rief er den 700 Gästen zu: „Wir sollten nicht zulassen, dass er von Leuten, die ihm inhaltlich nichts können, in den Dreck gezogen wird.“ Da war der Zukunftskongress schon wieder in der beschwerlichen Gegenwart angekommen.