Seoul/Essen. Der nordkoreanische Diktator Kim Jong-Il (67) hat seinen jüngsten Sohn offenbar als seinen Nachfolger auserkoren. Berichte aus südkoreanischen Medien deuten darauf hin. Der Sohn, der Staatschef werden soll, heißt Kim Jong-Un - "Un" wie unbekannt.
Es gibt nicht wenige Zeitgenossen, die sich bei den Berichten und Bildern aus Nordkorea an einen James-Bond-Film erinnert fühlen. Ein Land, irgendwie aus der Zeit gefallen, ein großes schwarzes Loch im Zeitalter der Globalisierung, regiert von einem Diktator, dessen Vita voller Schrulligkeiten leicht darüber hinwegtäuschen kann, wie gefährlich eine Atommacht ist, die sich an nichts gebunden fühlt.
Es dringt nicht viel heraus, aus dem abgeschotteten, bitterarmen Reich des Kim Jong-Il. Auch die Nachrichten, dass der Vater die Machtübergabe an seinen jüngsten Sohn vorbereitet, ist mehr eine erfahrene Vermutung am Ende einer Indizienkette als tatsächliches Wissen. Seit dem Atomtest und der Raketenstarts mutmaßen die Nordkorea-Experten, dass Kim Jong-Il die Armee, die Basis seiner Macht, auf seinen Nachfolger einschwört.
Loblied wird schon einstudiert
Das ist offenbar nicht sein ältester Sohn Kim Jong-Nam. Der war 2001 in Ungnade gefallen, als er versuchte, mit einem gefälschten Pass nach Japan einzureisen. Angeblich wollte er nach Tokio - ins Disneyland. Es läuft nach Meldungen südkoreanischer Medien auf den jüngsten Spross zu: Kim Jong-Un. Die Zeitung „Dong a Ilbo” schreibt, die Bevölkerung lerne bereits ein Loblied auf den neuen Führer Kim. Und ein südkoreanischer Abgeordneter sagte dem Rundfunk seines Landes, dass das Parlament in Seoul bereits am Montag vom Nationalen Geheimdienst über die Nachfolgeregelung in Kenntnis gesetzt worden sei. Demnach muss in Nordkorea bereits die Treue auf Kim Jong-Un geschworen werden.
Nach dem „Großen Führer” Kim Il-Sung und dem „Geliebten Führer” Kim Jong-Il nun Kim Jong-Un.
„Un” steht nicht für unbekannt, auch wenn er das ist. Nicht mal sein genaues Alter kennt man: 25 vielleicht 26 soll er sein. Er ist zweite Sohn aus Kims dritter Ehe. Die Mutter, eine frühere Tänzerin, starb 2004.
Schulbesuch in der Schweiz
An seiner Vita wird vermutlich noch gestrickt - wie bei seinem Vater auch. In der offiziellen Biografie des 67-Jährigen, der nach einem Schlaganfall vor einem Jahr alt und zerbrechlich wirkt, heißt es: „Als Kim Jong-Il am 16. Februar 1942 am heiligen Berg Paektu das Licht der Welt erblickte, verkündeten ein doppelter Regenbogen und ein heiliger Stern die Ankunft des Erleuchteten.” Tatsache aber ist, dass Kim in einem sowjetischen Lager in Wjatskoje geboren wurde, wo seine Eltern im 2. Weltkriegs Zuflucht vor den Japanern suchten...
Sein dritter Sohn soll an einer internationalen Schule in der Schweiz unter anderem Englisch und Deutsch gelernt haben - bis vor elf Jahren. Und er soll seinem Vater ähnlich sehen, glaubt man dem japanischem Koch Kim Jong-Ils, der 2003 seine Erinnerungen zu Papier gebrachte. Nachprüfen lässt sich das vom Ausland aus allerdings nicht. Das einzige Bild, dass vom dritten Sohn im Umlauf ist, stammt aus Kindertagen. Sicher ist nur, dass Kim Jong-Un im April einen Posten im Nationalen Verteidigungsausschuss des Landes bekam. Dieser Ausschuss kontrolliert die 1,2 Millionen Soldaten starke Armee Nordkoreas - soweit der „Geliebte Führer” es erlaubt. (mit afp)