Düsseldorf. .
Der Nochfinanzminister wehrt sich erneut gegen Vorwürfe, es gebe im NRW-Haushalt unentdeckte Lücken. Rot-Grün hatte zuvor behauptet, die Finanzlage sei düsterer als bekannt, Linssen unterschlage die wahren Zahlen.
Der Kassensturz lässt auf sich warten. „Die Finanzer rechnen noch”, heißt es aus den rot-grünen Arbeitsgruppen. Während die künftigen NRW-Koalitionäre dabei sind, sich ein Bild über die reale finanzielle Lage des Landes zu verschaffen, schlägt die große Stunde der Propheten.
Alarmiert spricht SPD-Landeschefin Hannelore Kraft von „chronisch unterfinanzierten” Feldern wie dem Kita-Bereich. Noch-Finanzminister Helmut Linssen will das nicht auf sich sitzen lassen. Die Vorwürfe der künftigen Koalitionäre, der Etat 2010 sei nicht durchfinanziert, „stimmen nicht“, sagte Linssen am Freitag in Düsseldorf. Auch die Nettoneuverschuldung von 6,6 Milliarden Euro für das laufende Jahr müsse nicht erhöht werden. Hier sei „zumindest eine Punktlandung möglich“, da die Steuereinnahmen im Juni um fast acht Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen seien.
Linssen bezeichnete seine Haushalts- und Finanzpolitik der vergangenen fünf Jahre als Erfolg. Unter Schwarz-Gelb habe das Land 2008 erstmals seit 1973 weniger ausgegeben als eingenommen. SPD und Grünen warf er vor, „auf Pump“ Politik machen zu wollen.
Mindereinnahmen im Mai mit 230 Millionen Euro beziffert
Im Vorfeld waren Zahlen lanciert worden, die die Finanzlage weit düsterer darstellen als ohnehin bekannt. Dickster Minus-Brocken im laufenden Jahr sind nach Angaben rot-grüner Verhandlungskreise zusätzliche Steuerausfälle von 1,3 Milliarden Euro. „Linssen hat die wahren Zahlen unterschlagen”, heißt es. Bisher hatte er die Mindereinnahmen nach der Steuerschätzung im Mai mit 230 Millionen Euro beziffert. Dabei sei er auch während der Sondierungsgespräche über eine Große Koalition geblieben.
Auch die Risiko-Vorsorge für die WestLB müsse um 350 Millionen Euro pro Jahr erhöht werden, lautet eine weitere Hiobsbotschaft. Die schwarz-gelben Ministerien hätten außerdem Mehranforderungen von 800 Millionen Euro für das nächste Jahr angemeldet. Linssen wies die Behauptungen der SPD mehrfach als „unanständig” zurück. Nach seiner Darstellung wolle Kraft neue Schulden machen, „um Wahlgeschenke zu bezahlen”, sagte er.
Hilfe für Kommunen
Tatsächlich ist nicht erkennbar, wie SPD und Grüne zentrale Beschlüsse finanzieren wollen. 280 Millionen Euro kostet die Streichung der Studiengebühren, um 115 Millionen Euro würde das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr den Etat belasten. Dickster Brocken dürfte mit mindestens 350 Millionen Euro die Altschuldenhilfe für klamme Kommunen werden. Ob NRW mit der geplanten Neuverschuldung von 6,6 Milliarden Euro für 2010 auskommt, erscheint deshalb mehr als fraglich.