Hamburg. .

Die Präsidentschaftskandidatin der Linken, Luc Jochimsen, hat knapp zwei Wochen vor der Wahl für ihre Weigerung, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen, massive Kritik geerntet. CSU-General Dobrindt forderte die Linkspartei auf, ihre Kandidatin zurückzuziehen.

Jochimsen hatte im „Hamburger Abendblatt“ gesagt, dass die DDR ein Staat gewesen sei, der unverzeihliches Unrecht an seinen Bürgern begangen habe. Nach juristischer Definition sei sie allerdings kein Unrechtsstaat gewesen. Die Linken-Abgeordnete begründete ihre Haltung damit, dass derartige Definitionen „juristisch und staatsrechtlich haltbar“ sein sollten. „Der Begriff Unrechtsstaat ist es nicht“, unterstrich sie.

Dobrindt fordert Rückzug der Kandidatur

Nach den schweren Entgleisungen müsse die Linke ihre Kandidatin zurückziehen, forderte Dobrindt. „Wer das SED-Regime als Rechtsstaat verherrlicht, darf nicht ansatzweise mit dem Amt des Bundespräsidenten in Verbindung gebracht werden“, erklärte er. Wenn die Linkspartei ihre Nominierung aufrecht halte, betreibe sie eine „Verhöhnung der SED-Opfer“ und beschädige den Respekt vor dem höchsten Staatsamt.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Weigerung der Präsidentschaftskandidatin der Linken, Luc Jochimsen, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen, massiv kritisiert. „Die Aussagen von Frau Jochimsen sind schäbig und beschämend. Sie verfälscht die Realität in der DDR. Mit ihrer Äußerung unterwirft sie sich offensichtlich einer mehrheitlichen Stimmungslage unter den Mitgliedern der Linkspartei“, sagte Thierse dem „Hamburger Abendblatt“. Der SPD-Politiker verurteilte das SED-Regime scharf. „Die DDR war sogar nach der eigenen politischen Selbstdefinition kein Rechtsstaat. Es gab keine unabhängige Justiz - und das war Teil der Ideologie dieser Diktatur“, sagte Thierse.

Gauck gegen eine Politik des Schlussstrichs

Auch der von SPD und Grünen nominierte Bewerber für das Bundespräsidentenamt, Joachim Gauck, wies die Äußerungen von Jochimsen zurück. „Das sage ich im klaren Bewusstsein, dass diese Definition nicht in ein juristisches Seminar passt“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Es habe unter anderem keine Herrschaft des Rechts und keine Gewaltenteilung gegeben, außerdem hätten rechtsstaatliche Instanzen gefehlt. „Wir sollten uns vor der Begrifflichkeit Unrechtsstaat nicht fürchten. Sie ist sehr nah an der politischen, moralischen und rechtlichen Wirklichkeit der untergegangenen Diktatur“, erklärte er.

Gauck sprach sich dagegen aus, einen Schlussstrich unter die DDR-Vergangenheitsdebatte zu ziehen. „Denn ein Schlussstrich setzt altes Unrecht fort. Davon haben immer die etwas, die früher oben waren, und die nichts, die früher unten waren“, sagte er. Deshalb gebe es ein Menge guter Gründe, eine Politik des Schlussstrichs nicht zu machen.

Scharfe Kritik an Jochimsen hat ebenfalls ihr Kontrahent von Schwarz-Gelb, Christian Wulff (CDU), geübt. Ihre Äußerungen seien „ein weiterer trauriger Höhepunkt von Geschichtsvergessenheit“, sagte Wulff der „Passauer Neuen Presse“. Die deutsche Einheit sei ein „wirklicher Gewinn für Deutschland“. Die Leistung der Ostdeutschen müsse deutlich stärker gewürdigt werden, forderte Wulff, schließlich seien sie größeren Veränderungen ausgesetzt gewesen als die Bewohner der alten Bundesländer. (apn/ddp)