Berlin. .

Dass eine Partei, die ihr Verhältnis zum verblichenen Unrechtsstaat DDR auch 20 Jahre nach der deutschen Einheit noch immer nicht rückstandslos geklärt hat, ­einen Ex-Stasi-Jäger nicht frohen Mutes zum Bundespräsidenten wählt, kann nicht überraschen.

Wie die Linkspartei, die am 30. Juni 125 Wahlmänner und -frauen sowie die chancenlose Kandidatin Luc Jochimsen in die Bundesversammlung schickt, ihre Ablehnung für Joachim Gauck zu erklären versucht, schon.

Formal argumentiert Fraktionschef Gregor Gysi mit der Behauptung, der Kandidat von CDU und FDP, Christian Wulff, werde „sehr wahrscheinlich“ schon im ersten Wahlgang durchkommen. Womit sich das Gedankenspiel, die Linke könnte in einem zweiten oder dritten Wahlgang Jochimsen zurückziehen und den aus Rostock stammenden Pfarrer und Bürgerrechtler mit wählen, erledigt hätte. Inhaltlich stempelt die Linke Gauck zur Persona non grata, weil er Kriegseinsätze wie in Afghanistan befürworte und den sozialen Fürsorgestaat ablehne.

Was Gysi aber am meisten stört, sei Gaucks Haltung, die „Nazi-Diktatur und das SED-Regime in der DDR fast gleichzusetzen“. Auch wenn Gauck, lange „Bundesbeauftragter für die Unterlagen der Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Re-publik“, den Vorwurf oft zu- rückgewiesen hat, glaubt Gysi für viele Parteimitglieder zu sprechen, wenn er sagt: „Man kann einen Berg von Akten nicht mit einem Berg von Leichen vergleichen.“

Gauck soll sich der Linken-Fraktion aber vorstellen. Gysi: „Es ist nicht unser Stil, jemanden nicht anzuhören, auch wenn wir ihn nicht wählen.“