Berlin. .

Knapp zwei Wochen bleiben bis zur Wahl des neuen Bundespräsidenten. Zwei Männer und eine Frau kandidieren. Luc Jochimsen (Linke) darf sich wenig Hoffnungen machen. Doch das Rennen zwischen den beiden Kandidaten scheint offen zu sein.

Seit Tagen ist er auf Achse. Vorgestern Potsdam, gestern Leipzig, heute wird Joachim Gauck im Düsseldorfer Landtag erwartet. Treffen mit Hannelore Kraft, Auftritt vor SPD und Grünen. Mittags bleibt Zeit, um das Deutschland-Spiel bei der Fußball-WM zu gucken. Danach geht es schon weiter Richtung Bonn, wo Gauck vor der Konrad-Adenauer-Stiftung redet.

Das ist kurios, weil der Theologe der Kandidat von Rot-Grün ist, die Stiftung aber der CDU nahe steht. Man hätte dort eher Christian Wulff vermutet, den Rivalen und CDU-Mann. Der Termin steht seit Monaten fest; keiner wollte von ihm abrücken. Warum auch? Eigentlich ist Gauck sowieso einer von ihnen, ein Bürgerlicher, für Liberale und Christdemokraten attraktiv.

CDU-Stimmen für Gauck? Nichts scheint unmöglich

Am 30. Juni werde nicht über die Regierung abgestimmt, sondern über den nächsten Bundespräsidenten, hat gerade Kurt Biedenkopf festgestellt, der frühere CDU-Spitzenpolitiker. „Eine durch Gefolgschaftsappelle beeinflusste Wahl schädigt den Gewählten“, schrieb er in der FAZ. Bundeskanzlerin Angela Merkel solle den CDU-Wahlleuten freistellen, ob sie Wulff ihre Stimme geben wollen oder Gauck.

SPD und Grüne haben 462 Stimmen, FDP und Union 644 Wählmänner. 623 brauchen sie, um Wulff im ersten Wahlgang durchzusetzen. Wulff kennt seinen Vorsprung, weiß aber, dass einige FDP-Wahlmänner aus dem Osten für Gauck Partei ergreifen. Er kann sich ferner einen Reim auf die Mahnung Biedenkopfs machen. Nicht zuletzt kennt der Bewerber die Irritationen in der Berliner Koalition. Wenn die anhielten, werde das den einen oder anderen Wahlmann „sicher emotional, mental beschweren“.

Persönliches Treffen mit jedem Wahlmann

Auch Wulff ist jeden Tag auf Tour. Er will sich jedem Wahlmann von FDP und Union vorstellen – und sei es nur bei einem Zwischenstopp am Abend im Sheraton- Hotel am Frankfurter Flughafen. Gauck hat am Donnerstag sogar mit Bürgern in Leipzig geredet. In erster Linie umgarnen beide die Wahlmänner.

Zusätzlich zu Interviews, TV-Auftritten und den Beiträgen auf seiner Homepage will Gauck am Dienstag im Deutschen Theater in Berlin eine Rede halten. Sie ist ihm wichtig. Im Westen ist er bekannt als der Beauftragte für die Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen. Aber wofür er politisch steht, wissen nur die wenigsten. Mit der Rede gibt er eine politische Visitenkarte ab.

Viel Zeit bleibt beiden für ihre Kampagnen nicht. Über große Organisationen verfügen sie nicht. „Das ist hier kein Obama-Stab“, bittet Andreas Schulze um Verständnis, wenn er improvisieren muss. Schulze betreut Gauck im Auftrag der Grünen. Auch die SPD stellt Mitarbeiter ab.

Ehrenamt im Team

Dazu kommen Vertraute, die den 70-Jährigen ehrenamtlich begleiten: Hans-Jörg Geiger, mal Direktor bei der Behörde, als Gauck Beauftragter für die Stasi-Unterlagen war. Dazu kommt Daniel Gill, den er von der Evangelischen Kirche kennt, sowie Johann Legner, der nebenbei noch die Lausitzer Rundschau leitet.

Mit acht Leuten gibt die CDU die Stärke des „Teams Christian Wulff“ an. Sie kommen vor allem aus der CDU-Zentrale, von Wahlkampfmanager Klaus Schüler angeführt. Dazu Mitarbeiter der Staatskanzlei in Hannover. Sie betreuen und beraten Wulff, koordinieren seine Termine. Am Ende aber muss es Wulff selber richten. Er und Gauck sind Handlungsreisende in eigener Sache.