Essen. Der Polizist Karl-Heinz Kurras hat den Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 nicht im Auftrag der Staatssicherheit getötet. Davon geht der Direktor der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe aus. Eher habe Kurras die Tat „im Affekt” begangen, sagte Knabe der WAZ.

Der Vorgang sei der DDR-Staatssicherheit, die Kurras als IM führte, „unangenehm” gewesen, glaubt der Direktor der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe (Bild oben). „Es drohte die Gefahr, dass ihr Agent auf diese Weise in der Berliner Polizei enttarnt werden könnte”.

Der Polizist Karl-Heinz Kurras, der am 2. Juni 1967 in Berlin den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hat, soll Stasi-Spitzel gewesen sein. (Foto: ap)
Der Polizist Karl-Heinz Kurras, der am 2. Juni 1967 in Berlin den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hat, soll Stasi-Spitzel gewesen sein. (Foto: ap) © AP

Kurras, der Ohnesorg im Verlauf der Ausschreitungen beim Schahbesuch 1967 in West-Berlin tötete und damit dazu beigetrug die außerparlamentarische Opposion (APO) zu radikalisieren, war seit April 1955 für den DDR-Geheimdienst tätig, wie jetzt bekannt gewordene Akten der Stasi-Unterlagenbehörde belegen. Knabe sagte dazu, Polizisten hätten auf der Anwerbeliste der Staatssicherheit Priorität gehabt, viele westdeutsche Ordnungshüter hätten für sie gearbeitet, „sogar der Chef der Polizeigewerkschaft in Hamburg gehörte dazu”.

"Agenten in der Studentenbewegung"

Informationen über den Verlauf der Studentenunruhen hätten die DDR-Oberen aber eher über Informanten aus der Studentenszene selbst erhalten. „Der Staatsicherheitsdienst hatte eine ganze Reihe von Agenten in Führungspositionen in der Studentenbewegung”

Der SED-Mitgliedsausweis des Westberliner Polizeibeamten Karl Heinz Kurras wurde jetzt von der Birthler-Behörde vorgestellt. (Foto: ap)
Der SED-Mitgliedsausweis des Westberliner Polizeibeamten Karl Heinz Kurras wurde jetzt von der Birthler-Behörde vorgestellt. (Foto: ap) © AP

Der Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen kritisierte die Birthler-Behörde. „Ich finde es irritierend, dass die Akte zufällig gefunden wurde. 20 Jahre nach der friedlichen Revolution müsste das Archiv der Stasi-Akten doch so geordnet sein, dass man nicht mehr auf Zufallsfunde angewiesen ist. Es weckt den Verdacht, dass dieses Archiv nicht besonders gut in Schuss ist”.

Knabe wies darauf hin, dass es schon länger eine Debatte gebe, die Stasi-Unterlagen ins Bundesarchiv zu überführen. „Immer wieder von Seiten der Forschung beklagt wird, dass Unterlagen heute nicht zeitnah zur Verfügung gestellt werden . Es sollten die tun, die es besser können”.