London. Der britische Premierminister Gordon Brown kämpft ums politische Überleben. Sechs seiner Minister sind zurückgetreten, einer davon forderte öffentlich auch Browns Abgang. Doch bisher gibt der Staatschef den sturen Schotten - und bleibt im Amt.
Noch während der Pressekonferenz am Abend erlebte Gordon Brown, der britische Premierminister, den Rückschlag Nummer zehn: Auch EU-Ministerin Caroline Flint erklärte ihren Rücktritt. Erst kurz zuvor hatten Wohnungsministerin Margaret Bekett und Tony McNulty, der Minister für Beschäftigung, den Dienst quittiert, nachdem am Nachmittag Verkehrsminister Geoff Hoon und Wales-Minister Paul Murphy die Regierung verlassen hatten.
Dennoch betonte Brown vor der Presse, er wolle nicht aufgeben. „Ich habe eine lange Nacht hinter mir”, sagte er. „Doch Menschen in Schwierigkeiten lasse ich nicht hängen.” In Zeiten der Rezession sei sein Platz an der Spitze der Regierung: „Die Wähler würden es Labour nie verzeihen, wenn wir ihnen jetzt unseren Rücken zeigen würden.”
Den Tag über hatte er verzweifelt versucht, die ausweglose Lage zu drehen. Inmitten meuternder Minister und nach verheerenden Kommunalwahlergebnissen baute er mehrfach sein Kabinett um.
Donnerstagnacht hatte sein Arbeitsminister, Labour-Liebling James Purnell, seinen Posten geräumt – durch einen offenen Brief in den Medien: „Tritt ab, um der Partei den Hauch einer Siegeschance bei der nächsten Wahl zu geben.”
Die Kündigung war ein Fußtritt für Brown. Auch seine Innen-, Regional- und Jugendministerinnen hatten das sinkende Schiff verlassen. Stunden nach Purnells Abgang warf auch Verteidigungsminister John Hutton das Handtuch.
Brown versuchte trotzdem, Boden zurückzugewinnen. Dem Hauptrivalen, Gesundheitsminister Alan Johnson, übertrug er die Leitung des Innenministeriums. Schatzkanzler Alastair Darling durfte sein Amt behalten, nachdem durchgesickert war, dass er lieber ginge als sich versetzen zu lassen. Darlings Abgang hätte wohl für eine Kernschmelze in der Regierung gesorgt.
Brown, seit Wochen bedrängt von alten Blair-Fans, der Opposition, dem Spesenskandal und illoyalen Parteirebellen, ist stark angeschlagen. Gestern kamen die miserablen Ergebnisse der Kommunalwahlen hinzu; die Ergebnisse der für Labour wohl ähnlich katastrophalen EU-Wahl stehen noch aus bis Sonntag. Rund 300 seiner 445 Regionalvertreter in England könnte Labour verloren haben.