Essen. Die Autobahngebühr für Pkw ist mal wieder im Gespräch. Das Wort "Maut" wirkt aber zu abschreckend, um es noch in den Mund zu nehmen. Politiker sprechen lieber von „Nutzerfinanzierung”. Das Ziel ist gleich: Autobahnnutzer sollen zahlen.
40 Tage nach der Bundestagswahl streitet die neue Bundesregierung über die Einführung einer Pkw-Maut. Koalitionäre und Bundesländer sind in der Frage tief gespalten, ob und auf welchem Weg Autofahrer zur Kasse gebeten werden sollen, um Milliarden-Löcher in der Finanzierung der Verkehrswege zu stopfen.
Eine Kommission soll die Lösung suchen. Der Koalitionsvertrag formuliert ihren Auftrag, meidet aber peinlich das Wort „Pkw-Maut”: Die Investitionen in Schiene und Straße sollen weniger aus dem Steuerhaushalt finanziert werden als vielmehr durch die Nutzer selbst. Zentrale Behörde für den Job wird die bundeseigene Verkehrsinfrastrukturgesellschaft VIFG.
"Die LKW-Maut war ein Anfang"
Peter Ramsauer (CSU), der neue Verkehrsminister, hat einen klaren Kurs in dieser Sache. Eigentlich. „Die Diskussion ist noch am Anfang”, sagte er der Passauer Neuen Presse, „ich weiß, dass es in Bayern eine überwältigende Mehrheit für die Einführung einer Pkw-Maut gibt. Wir wollen, dass das Straßennetz stärker durch die Nutzer finanziert wird. Die Lkw-Maut war ein Anfang.”
Doch wenige Stunden nach dem Interview musste er erklären: „Die Pkw-Maut steht nicht auf der Tagesordnung.” Gestoppt hatte ihn unter anderem NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Noch schreckt das „M”-Wort ab.
Immer mehr Befürworter
Dabei wird die Front der Maut-Befürworter breiter: „Nutzerfinanzierung” ist Position der CSU seit 2006, auch die des neuen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU), einer Mehrheit der Länderverkehrsminister und auch die des FDP-Verkehrsexperten in der schwarz-gelben Bundes-Koalition, Patrick Döring. Eine Akzeptanz von Maut oder Vignette werde dann möglich, wenn es „an anderer Stelle eine gleichwertige Entlastung” gebe und Einnahmen direkt für Straßen verwendet würden, sagte Döring der WAZ. Im Gespräch: Im Gegenzug fallen Kraftfahrzeug- oder die Mineralölsteuer weg. Unterm Strich bliebe dann das Autofahren für Inländer so teuer wie heute schon.
Maut-Befürworter sagen, dass Deutschlands Straßennetz unterfinanziert ist. Ein Viertel der Bundesstraßen ist marode, auch jeder zehnte Autobahnkilometer. Jährlich fehlen vier Milliarden Euro für Neubau und Unterhalt. Und: Ausländer fahren auf unseren Autobahnen, die über eine Pkw-Maut zur Kasse gebeten würden und so dem Staatsetat auf einen Schlag 20 Prozent höhere Einnahmen bescheren könnten. Ausländer zahlen – anders als Deutsche in Italien oder Frankreich – heute bei uns keinen Cent.
Gebühr trifft Pendler
Das entscheidende Gegenargument: Die kilometerabhängige Verkehrsabgabe trifft vor allem Berufspendler, „die lange Wege zur Arbeit haben”, wie der SPD-Bundestagsfraktionsvize Florian Pronold meint. Er fürchtet auch „mehr Tote”, wenn sparsame Fahrer auf Landstraßen ausweichen. Landstraßen sind die gefährlichsten Verkehrswege.
Technisch ist fast alles machbar – von der Vignette, die Schweizer und Österreicher für einen Festpreis kassieren, bis zur elektronischen Erfassung wie bei Lkw, was allerdings eine teure Ausrüstung aller Pkw zur Folge hätte. Das Düsseldorfer Unternehmen Ages hat bereits den Kompromiss entwickelt: Die „e-vignette”, buchbar übers Internet.