Düsseldorf. NRW gehen seit Anfang des Monats Millioneneinnahmen aus gerichtlichen Kartellverfahren verloren. Stattdessen kassiert der Bund die lukrativen Summen komplett ab. Ein Streit, der schon Jahre zurückreicht.

Nordrhein-Westfalen muss seit Anfang dieses Monats auf bisher lukrative Einnahmen aus Kartellverfahren verzichten. Der Bund hat zum 1. Juli dem Land den Geldhahn zugedreht. Künftig werden sämtliche vom Bundeskartellamt verhängten Bußgelder in die Bundeskasse fließen, wie die Behörde bestätigte. NRW gehen damit jedes Jahr Millionensummen flöten.

Bis dato war die Praxis so: Akzeptierte ein Unternehmen die vom Bundeskartellamt verhängte Kartellstrafe, dann floss die Summe direkt in den Bundeshaushalt. Ging das Unternehmen jedoch dagegen rechtlich vor, landete das Verfahren beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Die dort rechtskräftig bestätigten oder geänderten Bußgelder flossen in die NRW-Kasse.

Wie hoch die künftigen Ausfälle für NRW sind, lässt sich nur erahnen. Dass es sich dabei durchaus um lukrative Summen handeln kann, zeigt ein aktuelles Beispiel: Noch wenige Tage vor dem Stichtag 1. Juli verhängte das OLG Düsseldorf gegen fünf Zementhersteller ein Rekord-Bußgeld von 330 Millionen Euro. Sollte dieses Urteil rechtskräftig werden – vier Firmen sind vor den Bundesgerichtshof gezogen – würde NRW diese Summe noch kassieren. Lediglich der Konzern Dyckerhoff hatte die vom Gericht verhängte Strafzahlung von 50 Millionen Euro akzeptiert. Diese Summe hat NRW somit bereits sicher.

Streit im Bundesrat

Die Neuregelung ist für NRW bitter, weil das Bundeskartellamt immer härter und umfangreicher gegen Wettbewerbsverstöße vorgeht und damit in der Zukunft die Summen der Bußgelder weiter steigen dürften. So flossen allein dem Bundeshaushalt im vergangenen Jahr 317 Millionen Euro an Bußgeldern zu, 2007 waren es noch 114 Millionen Euro gewesen, wie aus dem Tätigkeitsbericht des Kartellamtes hervorgeht.

Wie viel NRW in den vergangenen Jahren kassierte, wird im Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes nicht ausgewiesen. Auch das NRW-Finanzministerium, das Landesjustizministerium sowie das OLG Düsseldorf waren nicht in der Lage, die entsprechenden Summen zu nennen.

Fakt aber ist: NRW verzichtet nicht freiwillig auf die Einnahmen. Dies geht vielmehr auf eine Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zurück, die im Juli 2005 noch unter der rot-grünen Bundesregierung beschlossen wurde. Damals waren Wolfgang Clement Bundeswirtschaftsminister und Hans Eichel Bundesfinanzminister.

NRW wehrte sich im Bundesrat gegen das geplante Abkassieren des Bundes, zumal der NRW-Justiz in den Verfahren auch Kosten entstehen. Heraus kam ein Kompromiss im Vermittlungsausschuss, der eine Übergangsfrist vorsah – aber eben nur bis zum 30. Juni 2009.