Düsseldorf. CDU und Grüne in NRW reagieren unterschiedlich auf die Abstimmung zum Cannabis-Gesetz. NRW hatte sich im Bundesrat enthalten.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte die bevorstehende Teil-Freigabe von Cannabis scharf. „Selbstverständlich muss NRW geltendes Bundesrecht umsetzen. Aber meine Position ist klar: Ich halte das Cannabisgesetz nach wie vor für einen schweren Fehler“, sagte er dieser Redaktion. Als Gesundheitsminister lehne er die Cannabis-Legalisierung grundsätzlich ab. Laumann erinnerte an das Risiko cannabisbedingter Hirnschädigungen bei Heranwachsenden, und er hält die Bestimmungen des Gesetzes für nicht kontrollierbar. Nach der Entscheidung der Länderkammer werde die Drogenprävention noch wichtiger als zuvor. „Eine Präventionskampagne, die prominent mit dem Wort ,legal‘ wirbt, reicht nicht aus“, sagte der Landesminister. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe das Cannabis-Gesetz „mit der Brechstange“ durchgesetzt.
NRW-Innenminister Reul: „Hausgemachter Kontrollverlust“
Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) wiederholte seine Warnungen vor der Cannabis-Freigabe. „Mit dem Cannabis-Gesetz öffnen wir Tür und Tor für mehr Drogentote im Straßenverkehr und mehr Drogenkriminalität“, erklärte er am Freitag. „Was jetzt passiert, ist hausgemachter Kontrollverlust. Wir haben tausend andere Probleme, das hier braucht keiner. Der Bundesrat hat heute verpasst, dieses wahnwitzige Vorhaben zu stoppen.“
Cannabis ab 1. April teilweise legal
Der Weg für die teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist nach jahrzehntelangen Diskussionen frei. Der Bundesrat ließ am Freitag ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz passieren, mit dem zum 1. April Besitz und Anbau der Droge für Volljährige mit zahlreichen Vorgaben für den Eigenkonsum erlaubt werden. Trotz vieler Kritikpunkte gab es keine Mehrheit dafür, das Gesetz in den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament zu schicken und so vorerst auszubremsen. Um ein Scheitern abzuwenden, hatte die Bundesregierung zuletzt noch zugesichert, einige Regelungen nachträglich zu ändern.
Die Zäsur in der Drogenpolitik kann damit in wenigen Tagen am Ostermontag in Kraft treten. Das Gesetz muss zuvor noch amtlich verkündet werden, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es unterzeichnet hat. Legal sein soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen erlaubt sein und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden - konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingang. (dpa)
NRW-Staatskanzlei sauer: Warnungen in den Wind geschlagen
Ein Sprecher der Staatskanzlei beklagte am Freitag, dass die Bundesregierung die Warnungen aus NRW vor einer Teil-Legalisierung von Cannabis nicht aufgegriffen habe. „Leider ließ sich auch zumindest eine Verschiebung des Inkrafttretens aufgrund der politischen Mehrheiten im Bund nicht durchsetzen“, sagte er weiter. Nun kämen sehr große Herausforderungen auf die Länder und die Kommunen zu.
Die Grünen in NRW begrüßten hingegen die Legalisierung. Landesparteichef Tim Achtermeyer sprach von einem „guten Tag für den Gesundheits- und Jugendschutz in Deutschland.“ Mit dem Gesetz könne der Cannabiskonsum besser reguliert und kontrolliert werden. „Die Verbotspolitik ist Geschichte. Das Gesetz setzt auf Vernunft statt Kriminalisierung und trocknet den Schwarzmarkt zu großen Teilen aus.“ Dies entlaste Polizei und Justiz in NRW, die ihre knappen Ressourcen nun sinnvoller einsetzen könnten, meint Achtermeyer.
„Nach wochenlangen Debatten ist nun endlich klar: Die Entkriminalisierung von Cannabis kommt zum 1. April und das ist gut so. Als Grüne Jugend NRW steht für uns schon lange fest: Der Konsum von Cannabis muss legal möglich sein“, sagte Viviane Schwedersky, Co-Vorsitzende der Grünen Jugend NRW. Dass mit dem Cannabis-Verbot nun eine „unnötige Freiheitsbeschränkung wegfalle und gleichzeitig der Weg „für mehr Jugendschutz und weniger Verwaltungsaufwand“ freigemacht werde, sei ein wichtiger Schritt.
NRW-SPD-Chefin Philipp: „Die Cannabis-Politik der letzten Jahre ist gescheitert“
Zustimmung kam auch von der NRW-SPD: „Die Cannabis-Politik der letzten Jahre ist gescheitert. Die Kriminalisierung hat nicht dazu geführt, dass weniger konsumiert wird. Im Gegenteil. Die jetzigen Regelungen gehen an der Lebenswirklichkeit vieler Menschen vorbei und führt in der Konsequenz dazu, dass der Konsum tabuisiert wird“, sagte die Landesvorsitzende der SPD, Sarah Philipp. Sie sei „froh, dass wir nicht auf dem gescheiterten Status Quo verharren, sondern der Bundesrat den Weg für die Teil-Legalisierung freigemacht hat.“ (mit dpa)