Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob die "Hartz-IV"-Regelsätze für Kinder und Erwachsene mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Regierung verteidigte die Sätze, während das Gericht sehr kritische Fragen stellte und die Ermittlung der Regelsätze "erklärungsbedürftig" nannte.
Das Bundesverfassungsgericht prüft in einem umfassenden Verfahren, ob die «Hartz-IV»-Regelsätze für Kinder und Erwachsene mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Es gehe nicht nur um die Leistungen für Kinder unter 14 Jahren, sondern auch um die Sätze für Alleinstehende und erwachsene Partner, sagte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am Dienstag in Karlsruhe bei der mündlichen Verhandlung über Vorlagen des Bundessozialgerichts und des Hessischen Landessozialgerichts. Das Verfassungsgericht befasse sich mit den Inhalten und Grenzen eines «Grundrechts auf Gewährleistung menschenwürdigen Existenzminimums». Diese Grenzen seien noch nicht abschließend geklärt. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet.
In der Verhandlung stellten mehrere Verfassungsrichter sehr kritische Fragen an die Bundesregierung. Papier nannte die Ermittlung der Regelsätze «erklärungsbedürftig» und fragte, ob die zugrunde gelegten Zahlen überhaupt «valide» oder «einfach nur gegriffen» seien, ohne den Bedarf realitätsgerecht zu ermitteln.
Die Bundesregierung verteidigte die «Hartz-IV»-Sätze. Die Regelleistungen für Erwachsene seien «ausreichend und korrekt ermittelt», sagte der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Detlef Scheele. Scheele sprach aber von einem «lernenden System».
Drei Ausgangsverfahren
Die Richtervorlagen - die jeweils die Rechtslage des ersten Halbjahres 2005 angreifen - halten es für verfassungswidrig, dass der spezifische Bedarf für Kinder unter 14 Jahren nicht eigens ermittelt, sondern prozentual mit 60 Prozent vom Erwachsenen-Regelsatz abgeleitet wurde. Das Landessozialgericht beanstandet auch den Erwachsenen-Regelsatz.
In den drei Ausgangsverfahren haben Familien mit «Hartz IV» aus Dortmund, dem bayerischen Landkreis Lindau am Bodensee und aus Hessen geklagt. Nur der Kläger aus Hessen war persönlich in Karlsruhe erschienen. Er fragte, wie er eine «Teilhabe» an der Gesellschaft haben solle, wenn seine dreiköpfige Familie mit nur 700 Euro im Monat leben müsse. Sein Anwalt betonte: «Es langt nicht.» (ddp)