Gelsenkirchen. 750.000 49-Euro-Tickets sind im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr verkauft. Die Zahl wird bald kräftig steigen. Doch da ist noch immer das Chip-Problem.
Nach dem Start des Deutschlandtickets am 1. Mai haben viele Kunden noch immer kein aktuelles Ticket. Viele Dauerkunden bei Bus und Bahn, die zum Deutschlandticket gewechsel sind, müssen mit ihrem alten Ticket auskommen - weil es an den nötigen Halbleiter-Chips für neue Tickets mangelt. Nun warnt der VRR, dass die Probleme noch bleiben werden.
„Durch die Einführung des Deutschlandticket Schule kann es wiederum zu deutschlandweiten Problemen kommen“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Etwa 365.000 Schülertickets waren - Stand 2022 - alleine im VRR im Umlauf. Viele werden zum 1. August auf das vergünstigte Deutschlandticket umgestellt und müssen dann eine komplett neue Monatskarte bekommen.
Deutschlandticket: Viele Kunden haben noch ihre alten Tickets
„Viele Verkehrsunternehmen konnten bereits die Chipkarten der Kunden und -innen austauschen“, heißt es beim VRR. Doch längst können nicht alle Bus- und Bahn-Nutzer ein 49-Euro-Ticket vorzeigen, das bei Kontrollen nachprüfbar ist. Grund: Sie sind zwar zum bundesweit gültigen Ticket gewechselt, haben jedoch noch ihr altes „Ticket 2000“, Firmen- oder Bärenticket o.ä., an dem technisch nichts verändert wurde. Auch gab es zu Beginn Probleme mit Kartenlesegeräten, etwa am Zustieg in Bussen; neue Deutschlandtickets wurden von ihnen als „ungültig“ abgewiesen. Der VRR sagt jetzt: „Kleinere Probleme können weiterhin nicht ausgeschlossen werden.“
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Bis Ende Juli hat der VRR seinen Kunden Kulanz bei eventuellem Ticket-Ärger mit Kontroll-Personal zugesichert. Bei der Ruhrbahn in Essen und Mülheim sieht man keine Probleme mehr mit Kontrollgeräten: Alle entsprechenden Geräte seien inzwischen mit Updates versorgt, sagt eine Sprecherin. Von den insgesamt 85.166 verkauften Deutschlandtickets seien 38.185 inzwischen durch neuen Tickets ersetzt worden - knapp die Hälfte. Etwa 11 Prozent der Deutschlandticket-Nutzer hätten ihre Fahrkarte auf dem Smartphone gespeichert, heißt es bei der Ruhrbahn. VRR-weit liege der Anteil bei 40 Prozent - allerdings bezogen nur auf Neu-Abonnenten, sagt der Sprecher.
VRR zählt 25.000 „echte ÖPNV-Neulinge“ durch das 49-Euro-Ticket
Bei der Rheinbahn in Düsseldorf soll der Ticket-Umtausch im Juli starten, berichtet eine Sprecherin: „Wir haben aktuell rund 80.000 Deutschlandticket-Chipkarten, die jetzt nach und nach die alten Chipkarten ersetzen.“ Das Dortmunder Verkehrsunternehmen DSW21 zählt 63.000 Deutschlandticket-Kunden, etwa 26.000 seien als Abo-Kunden neu hinzu gewonnen worden. Zum Ticketaustausch gab es dort keine Informationen.
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Insgesamt zählte der VRR im Juni rund 750.000 Deutschlandticket-Kunden. Rund 350.000 Deutschlandtickets wurden an Menschen verkauft, die zuvor noch kein VRR-Abo hatten, teilt ein Sprecher mit, aber bereits Bus und Bahn nutzten. Die Zahl der „echten ÖPNV-Neulinge“ darunter - das Kürzel steht für Öffentlicher Personen-Nahverkehr - beziffert der VRR auf 25.000. Angesichts von 7,8 Millionen Menschen im Tarifgebiet des VRR eine Zahl, die nicht besonders beeindruckend wirkt.
Knapp 1,5 Millionen verkaufte Deutschlandtickets in NRW
Andere Verkehrsverbünde lassen zumindest die Gesamtzahl der Deutschlandtickets in NRW auf über eine Million steigen: Der Aachener Verkehrsverbund AVV nennt 32.000 Deutschlandtickets, der Verkehrsverbung Rhein-Sieg (VRS) 303.000 Nutzer und der Westfalentarif, zu dem auch das Sauerland zählt, berichtet von 100.000 verkauften 49-Euro-Tickets; diese Zahl aber stammt aus dem Mai. Insgesamt kommt man in NRW damit also derzeit auf knapp 1,3 Millionen Deutschlandtickets.
Geringe Nachfrage nach Zusatztickets für die 1. Klasse
Angesichts des Wirbels vor dem Deutschlandticket-Start um Fahrrad-Zusatzticket und 1.-Klasse-“Upgrade“ ist die Nachfrage sehr übersichtlich, berichtet der VRR: Im Mai seien in der Region von Niederrhein bis Bergisches Land etwa 1300 1.-Klasse-Monatstickets verkauft worden und 1800 Monatskarten für die Fahrradmitnahme, sagt der Sprecher. Jüngere Zahlen gibt es beim VRR nicht. Doch die Zahlen deuten an, wer durch das 49-Euro-Ticket kräftig Geld spart, mag offenbar auf ‘Luxus’ verzichten. Die Fahrradmitnahme kostet 39 Euro monatlich und ist beschränkt auf Fahrten in NRW. Das 1. Klasse-Monatsabo kostet 46 Euro - ebenfalls beschränkt auf NRW.
Beim Semesterticket hätten bis dato 14.500 Studierende an einer NRW-Hochschule die Möglichkeit genutzt, für 12,33 Euro im Monat auch über NRW hinaus Bus und Bahn im Nahverkehr zu nutzen. Beim Sozialticket können Nutzer ab 1. August noch nicht deutschlandweit im Nahverkehr Bus und Bahn fahren, wohl aber immerhin über ihre Stadt hinaus: Die Preisstufe „A“ wurde auf „D“ erhöht, dem gesamten VRR-Raum.