Düsseldorf/Wuppertal/Duisburg. Das jüngst gestartete bundesweite Ticket macht Kunden Stress. Auch die Deutsche Bahn versichert nun, Kontrollpersonal solle “sensibel“ reagieren.
- Nahverkehrsunternehmen, Deutsche Bahn und Verbände räumen Schwierigkeiten beim Deutschlandticket ein.
- Ticket-Chip oder Smartphone-Barcode sind bei Kontrollen vielfach nicht lesbar.
- Verkehrsverbund wirbt um Verständnis: "Alle sind noch in der Startphase".
- Kontrollpersonal in Bus und Bahn soll "kulant" sein und "sensibel" handeln.
Fehler bei Kontroll-Geräten verunsichern Kunden mit Deutschlandticket. Das seit dem 1. Mai gültige Ticket lässt sich an bestimmten Geräten nicht auslesen, es würde angezeigt als „ungültig“, teilten Verkehrsunternehmen, - Verbünde und die Deutsche Bahn jüngst mit. Man bemühe sich um Lösungen.
Der Fehler tritt bei 70 Prozent aller Nahverkehrsunternehmen auf, sagt eine Sprecherin des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) auf Anfrage: „Es handelt sich weitestgehend um Updateprobleme der Geräte bei den Einstiegskontrollsystemen. Hier kommen die Hersteller nicht nach, teilweise sind die verbauten Geräte auch veraltet.“
Deutschlandticket: Kontroll-Systeme können Tickets nicht auslesen
Die Probleme betreffen Kunden sowohl mit Chipkarte als auch mit elektronischem Ticket auf dem Smartphone, heißt es beim VRR. „Der Austausch aller Chipkarten ist leider bis zum 1. Mai nicht möglich gewesen“, teilt die Sprecherin mit: „Hintergründe sind Lieferverzögerungen durch Chipkartenlieferanten und Verzögerungen im Postversand. Zum Teil ist der geplante Versand auch erst im Verlauf des Monats Mai.“
Lesen Sie auch:Deutschlandticket ist in NRW nicht so einfach wie gedacht
Bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) sind in den 300 Bussen die Kontroll-Systeme am vorderen Eingang bis auf weiteres abgeschaltet, bestätigt ein Sprecher. Kunden müssen ihre Tickets vorzeigen, das Fahrpersonal ist zur „Sichtkontrolle“ angehalten. Aber auch mobile Geräte, wie sie bei Ticket-Kontrollen verwendet werden, können Deutschlandtickets derzeit nicht zuverlässig auslesen, sagt der WSW-Sprecher. Dies funktioniere nur bei einem Teil der in Wuppertal verwendeten Geräte, erklärt er.
Duisburger Verkehrsbetriebe beruhigen Kunden: „Tickets sind gültig“
Auch bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft hätten sich in den vergangenen Tage zig Kunden gemeldet, die sich trotz Deutschlandtickets als ‘Schwarzfahrer’ gebranntmarkt sahen. Die DVG beruhigt auf ihrer Facebookseite: „Keine Sorge: Eure DeutschlandTickets sind gültig!“
Beim Verbund "WestfalenTarif", der die Region von Münsterland und Ostwestfalen bis zum Sauer- und Siegerland abdeckt, bittet eine Sprecherin um Verständnis für die Probleme: Das Deutschlandticket stelle die Verkehrsunternehmen vor "technische Herausforderungen": "Viele Unternehmen mussten Chipkarten-Technik und / oder die Smartphone-Lösung komplett neu aufbauen, da vorher der Versand Abo-Tickets auf Papier abgewickelt wurde", heißt es beim Verkehrsverbund. Zudem gebe es in Deutschland "zwei unterschiedliche Standards bei Barcodes, was zur Einführung des Deutschlandtickets am 1. Mai "nicht vollständig vereinheitlicht werden konnte."
Ticket-Probleme? Bahn und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sichern Kulanz zu - der VRR bis Ende Juli
„Wir haben ein neues Update in den vergangen Tagen schnellstmöglich auf unsere Kontroll-Geräte verteilt“, berichtete eine Sprecherin der Rheinbahn in Düsseldorf. „Bei anderen Kontrollgeräten sind uns keine Fehler bekannt“, sagt sie.
Lesen Sie auch: Deutschlandticket: Für wen lohnt es sich und für wen nicht?
„Nahverkehrsunternehmen werden bei Kontrollen „eine besondere Sensibilität beachten“, versicherte die VRR-Sprecherin. In den ersten drei Monaten - also bis Ende Juli - soll „ein besonders kulanter Umgang mit Kundinnen und Kunden gepflegt werden“, sollten Tickets nicht lesbar oder falsch ausgestellt sein. Und ein Sprecher der Deutschen Bahn (DB) teilte mit: "Wenn es zu Fehlermeldungen bei der Kontrolle des Deutschland-Tickets kommt, ist die Deutsche Bahn, wie auch andere Verkehrsunternehmen, kulant und erkennt vorübergehend auch die Bestellbestätigung bzw. das bisherige Abo-Ticket als gültigen Fahrausweis an."
Beim WestfalenTarif erkärt die Sprecherin: "Wenn eine elektronische Prüfung nicht möglich ist, ist das Deutschlandticket trotzdem noch prüfbar. Das Fahrpersonal schaut sich dann die sichtbaren Ticketmerkmale an. So kann die Identität des Ticketinhabers zum Beispiel durch den Vergleich des Namens und einem entsprechenden Ausweis nachvollzogen werden. Sollten Fahrgäste Probleme mit ihrer Chipkarte oder dem Smartphone-Ticket bei der Kontrolle haben, wird das Fahrpersonal die Kunden darauf aufmerksam machen, hier jedoch kulant handeln." Bei anhaltenden Problemen mit ihrem Ticket mögen sich Kunden an Ihr Verkehrsunternehmen wenden, sagt die Sprecherin und wirbt um Verständnis: "Alle Beteiligten befinden sich zurzeit noch in der Startphase."
Ruhrbahn: Auch Geräte vom Prüfpersonal brauchen Update
Wer sein bisheriges Ticket im Abo bezog und zum 1. Mai zum Deutschlandticket gewechselt ist, hat in den meisten Fällen noch keine neue Chipkarte erhalten, heißt es bei der Rheinbahn. „Sobald wir genügend Deutschlandticket-Chipkarten haben, senden wir den Fahrgästen automatisch ihre neue Chipkarte zu“, teilt das Unternehmen mit. Das werde „in den nächsten Wochen“ geschehen.
Auch die Ruhrbahn in Essen und Mülheim teilt mit, man müsse bei den Chipkarten improvisieren. Das nötige Update der Kontrollgeräte „soll zeitnah erfolgen“, sagte am Donnerstag eine Sprecherin. Betroffen seien neben den Systemen in Bussen auch die mobilen Kontrollgeräte des Prüfpersonals.
Altes Monatsticket lädt jetzt zu Missbrauch ein
Wer noch mit dem alten Monatsticket unterwegs ist, dem haben Nahverkehrsunternehmen "Deutschlandticket"-Aufkleber per Post geschickt: Ohne sind die Tickets nicht als Deutschlandticket erkennbar. Beim VRR erklärt die Sprecherin: „Das eigentliche Ticket liegt auf dem Chip des Tickets, denn seitens des Bundesverkehrsministerium ist ja die digitale Lesbarkeit ein zentrales Anliegen gewesen.“ Viele Verbünde würden mit einem Einheitslayout arbeiten. Die Folge: „Auch dort ist nicht sichtbar, welches Ticket auf dem Chip liegt“, heißt es beim VRR.
Das kann zu Missbrauch einladen - Personenmitnahme etwa abends und an Wochenenden, selbst wenn man das mit einem Deutschlandticket ja nicht mehr darf. Beim VRR will man aber alles tun, Kundinnen und Kunden nicht schon am Start des Tickets, das ja auch die Verkehrswende voranbringen soll, zu vergraulen: Noch am Mittwoch seien „alle Prüfpersonale durch die Verkehrsunternehmen und uns nochmals sensibilisiert worden“, sagt die Sprecherin. Sie sollen kundenfreundlich sein und kulant.
Im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) gibt es laut einer Sprecherin bei der Kontrolle von Deutschlandtickets „keine strukturellen Probleme“, auch der Aachener Verkehrsverbund (AVV) verwies auf eine verbundweit einheitliche Digitalisierungsstrategie. „Somit erfüllen wir bereits die grundsätzlichen, technischen Voraussetzungen, wie sie zur Kontrolle des Deutschlandtickets erforderlich sind und konnten unseren Verkehrsunternehmen die hierzu benötigte Kontrollsoftware entsprechend bereitstellen“, erklärte ein Sprecher. Im AVV-Bereich besteht nach seinen Worten kein grundsätzliches Problem. Wichtig sei nur, dass die Ausgabe des Deutschlandtickets auch in den anderen Regionen auf dem bundesweiten eTicketing-Standard basiere.