Düsseldorf. Zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe hat die NRW-Umweltministerin mit anderen Unions-Politikern gefeiert - und das anschließend verschleiert.

Nach neuen und brisanten Informationen zu ihrer „Mallorca-Affäre“ hat NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) am Donnerstagsabend nach stundenlangem Zögern die Notbremse gezogen und ihren Rücktritt erklärt: „Ich habe dem Ministerpräsidenten meinen Rücktritt angeboten und er hat ihn angenommen“, sagte sie. Am Mittag hatte sie an gleicher Stelle noch erklärt, sie werde weiter im Amt bleiben.

Wörtlich sagte die Ministerin: „Ich habe mir genau die Reaktionen auf meine Erklärung heute Mittag, nicht zurückzutreten, angesehen und festgestellt, dass mein Handeln vom letzten Sommer der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln ist. Es gibt kein Verständnis für mein Vorgehen und mein Verhalten. Ich bedaure das Bild, das mein eigenes Handeln erzeugt hat. Das akzeptiere, respektiere und verstehe ich. Dieses Bild entspricht nicht dem, wie ich wirklich bin. Bei diesem Bild von mir in der Öffentlichkeit ist das notwendige Vertrauen in mich als Ministerin nachhaltig in Frage gestellt. Ich möchte meine Familie schützen und Schaden vom Amt abwenden.“ Heinen-Esser war wegen eines Mallorca-Aufenthalts während der Flutkatastrophe im Juli 2021 zunehmend unter Druck geraten. Mit einer neuerlichen Wendung der Ereignisse war im Laufe des Tages klar geworden, dass sie politisch kaum noch haltbar war. Zu groß ist der Schaden, den sie für die Landesregierung und Ministerpräsident Hendrik Wüst angerichtet hatte.

Zuvor war bekannt geworden, dass die Ministerin rund zehn Tage nach der schlimmsten Flutkatastrophe in der Landesgeschichte zusammen mit weiteren Regierungsmitgliedern auf Mallorca einen Geburtstag gefeiert hatte. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) und die damalige Integrations-Staatssekretärin und jetzige Bundestagsabgeordnete Serap Güler (CDU) nahmen am 23. Juli an einer Geburtstagsfeier des Ehemanns von Heinen-Esser teil, wie der Kölner Stadtanzeiger (externer Link) berichtete.

Heinen-Esser bestätigte dies am Donnerstag. Es habe sich um eine abendliche Feier unter Freunden gehandelt. Andere Kabinettsmitglieder seien nicht eingeladen gewesen.

Mallorca-Affäre: Von einer Geburtstagsfeier war bis dato nichts bekannt

Nach und nach wurde in den vergangenen Wochen bekannt, dass die Umweltministerin während der Flutkatastrophe länger auf Mallorca war als zunächst angenommen. Die Geburtstagsfeier kommt nun als Detail hinzu.

Heinen-Esser sagte am Donnerstag, sie „verstehe, dass es als unsensibel empfunden wird, dass ich eine Woche nach der Flutkatastrophe nicht in NRW war“. Dass dadurch „ein falsches Bild“ entstanden sei, bedaure sie und bitte um Entschuldigung. Den von der Opposition erhobenen Vorwurf, das Parlament über die Umstände ihres Mallorca-Aufenthaltes getäuscht zu haben, wies sie „entschieden zurück“. Sie habe dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss alle Informationen gegeben, um die sie gebeten wurde. Auf Mallorca habe sie ihre Amtsgeschäfte vollumfänglich wahrgenommen.

Die Umweltministerin steht bereits seit Längerem in der Kritik, weil sie ihren Mallorca-Urlaub nach dem Hochwasser am 14. Juli zwar kurz unterbrochen, dann aber fortgesetzt hatte.

Heinen-Esser hatte bis dato zugeben müssen, dass sie während der Flutkatastrophe nur kurzzeitig einen Mallorca-Urlaub unterbrochen hatte, dann aber wieder auf die Urlaubsinsel zurückgereist war. Diesen Schritt hatte sie damit begründet, sie habe ihre minderjährige Tochter zurückholen müssen, die mit Freundinnen auf der Insel zurückgeblieben war. Von einer Geburtstagsfeier hatte sie auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss bisher nichts mitgeteilt.

SPD-Spitzenkandidat: „Instinkt- und pietätsloses Verhalten“

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Bei der Flutkatastrophe Mitte Juli waren verheerende Schäden verursacht worden, es gab 49 Todesopfer in Nordrhein-Westfalen.

Der SPD-Spitzenkandidat für die NRW-Landtagswahl am 15. Mai, Thomas Kutschaty, forderte unmittelbar nach dem Bekanntwerden dieser Geburtagsfeier Konsequenzen und sprach von einem „Mallorca-Gate“: „Ein solch instinkt- und pietätloses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen. Während zehntausende Betroffene des Hochwassers zu diesem Zeitpunkt damit kämpften, die Folgen der Flut zu bewältigen, dinierten mindestens vier hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der NRW-Landesregierung offenbar bei einer Geburtstagsfeier auf Mallorca und ließen es sich gut gehen“, so Kutschaty.

Grüne werfen Heinen-Esser Lüge vor

Die Grünen im NRW-Landtag haben Umweltministerin Heinen-Esser vorgeworfen, Parlament und Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe belogen zu haben. Sie räume die Wahrheit „nur scheibchenweise und gezwungenermaßen nach Recherchen ein“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag. Das gelte auch für Bauministerin Ina Scharrenbach, Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner sowie die heutige Bundestagsabgeordnete Serap Güler (alle CDU).

Fünf Wochen vor der Landtagswahl in NRW forderte die Grünen-Politikerin personelle Folgen: Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) müsse darlegen, „welche Konsequenzen er zieht, angesichts dessen, dass Teile seines Kabinetts vor dem Parlament die Unwahrheit sagen und es offenbar mit ihrem Amtseid nicht so genau nehmen.

(korf/dpa)