Essen. Die Betreuungsquote zeigt, wie viele Kinder einen Betreuungsplatz beanspruchen. Welche Kreise führen die Statistik an? Alle Zahlen im Detail.
Die Zahl der betreuten unter drei Dreijährigen in NRW steigt leicht an. 29,1 Prozent der Kinder haben im ersten Halbjahr 2020 einen Betreuungsplatz in Anspruch genommen. Im Vorjahr 2019 waren es 28,2 Prozent. Das geht aus Zahlen hervor, die das Statistische Landesamt (IT NRW) am Donnerstag veröffentlichte. Die so genannte Betreuungsquote bei den älteren Kita-Kinder (drei Jahre bis zur Einschulung) sank landesweit leicht von 91,8 auf 91,1 Prozent.
Die Betreuungsquote gibt an, wie viel Prozent der Kinder einer Altersklasse einen Betreuungsplatz belegt haben. Die Zahlen lassen keinen direkten Rückschluss auf vorhandene Plätze schließen.
In der Statistik erfasst sind sowohl Kindertagesstätten als auch öffentlich geförderte Tagespflege (Tagesmütter/ -väter). 57.257 der unter sechsjährigen Kinder in Kindertagesbetreuung wurden ausschließlich in Tagespflege betreut. Davon waren 51.083 Kinder (89,2 Prozent) unter drei Jahren alt.
Ab dem vollendeten ersten Lebensjahr besteht nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.
U3-Betreuung – Die Zahlen im Detail
Am häufigsten besuchen im Kreis Coesfeld unter Dreijährige eine Betreuungseinrichtung: Bei den unter Dreijährigen kommt der Kreis, zu dem Gemeinden wie Dülmen, Senden und Olfen gehören, auf eine Betreuungsquote von 39,9 Prozent. Dahinter folgen die benachbarten Städte Münster (38,5) und der Kreis Steinfurt (37,2). Die Landeshauptstadt Düsseldorf landet auf Platz vier (37,9).
Auf den drei letzten Plätzen finden sich zwei Ruhrgebietsstädte: Mönchengladbach (19), Gelsenkirchen (18,3) und Duisburg (17,6).
Den größten Zugewinn gibt es im Kreis Höxter mit +3,5 Prozentpunkten, im Kreis Euskirchen (+2,77 PP) und im Kreis Olpe (+2,8 PP).
Die Verluste halten sich in Grenzen. Die meisten Prozentpunkte verloren haben Bielefeld (-0,8 PP), Leverkusen (-0,6 PP) und Remscheid (-0,5 PP).
Ü3-Betreuung – Die Zahlen im Detail
Auch bei der Ü3-Betreuung steht das Münsterland an der Spitze der Tabelle: Den besten Wert erreicht der Kreis Borken mit 98,2 Prozent, gefolgt vom Kreis Coesfeld (97,3) und dem Kreis Steinfurt (96,3). Auf Platz vier landet der Kreis Kleve (96).
Die letzten Plätze gehen an die Städte: Gelsenkirchen (83,5 Prozent), Mönchengladbach und Oberhausen (jeweils 81,1) und Duisburg (80,6).
Mit einem Plus von 1,5 Prozentpunkten konnte sich die Städteregion Aachen am meisten verbessern. Gefolgt von Leverkusen (1,4 PP) und dem Kreis Viersen (1 PP).
Die meisten Prozentpunkte verloren haben Oberhausen (-4,9 PP), Remscheid (-3,1 PP) und der Kreis Unna (-2,4 PP)
Betreuungsbedarf statistisch nicht gedeckt
Bei der Betrachtung der Betreuungszahlen ist auch der Bedarf nach Betreuungsplätzen entscheidend. Das Deutsche Jugendinstitut legt einmal jährlich die DJI-Kinderbetreuungsstudie auf. Darin werden pro Bundesland etwa 2000 Eltern interviewt und unter anderem nach ihrem Betreuungsbedarf befragt. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem vergangenen Jahr. In NRW gaben 48,1 Prozent der teilnehmenden Eltern an, sich einen Betreuungsplatz für ihr unter dreijähriges Kind zu wünschen. Dem gegenüber steht die erreichte Betreuungsquote von 29,2 Prozent aus den Zahlen des Statistischen Landesamtes für 2020.
Das heißt: Etwa die Hälfte der Eltern von unter dreijährigen Kindern wünscht sich einen Betreuungsplatz, aber weniger als ein Drittel bekommt ihn auch bzw. nimmt diesen in Anspruch.
Im Bericht „Kindertagesbetreuung Kompakt“ des Bundesfamilienministeriums von 2019 heißt es: „Allein um die Betreuungsquote auf dem gleichen Niveau zu halten, müssen auch weiterhin zusätzliche Plätze geschaffen werden.“
NRW war 2019 bei der U3-Betreuung Schlusslicht
Im bundesweiten Vergleich belegte NRW im vergangenen Jahr bei der U3-Betreuung mit einer Quote von 28,2 Prozent den letzten Platz, hinter Bayern (28,5) und Bremen (28,4). Das geht aus Zahlen hervor, die das Statistische Bundesamt am Freitag veröffentlichte. Den höchsten Wert erreichte 2019 Sachsen-Anhalt mit 58,2 Prozent.
Bei der Differenz zwischen dem Betreuungsbedarf und der erfüllten Quote stand Nordrhein-Westfalen ebenfalls auf Platz 1: 19,9 Prozentpunkte trennen den Wunsch nach einem Betreuungsplatz und die Realität.
Bei den über Dreijährigen waren die Abstände zwischen den Bundesländern deutlich kleiner. Den höchsten Wert hatte im vergangenen Jahr Thüringen mit einer Betreuungsquote von 95,8 Prozent. Nordrhein-Westfalen lag mit 92,1 Prozent auf Rang 14, vor Schleswig-Holstein (91,7) und Bremen (86,6).
In der älteren Altersgruppe ist auch die Differenz zwischen Betreuungswunsch und erfüllter Quote nicht mehr so groß: NRW kommt auf 5,1 Prozentpunkte, und liegt damit gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern auf Rang 10. Letzter ist Bremen mit 11,7 Prozentpunkten.
Für das laufende Jahr haben – abgesehen von NRW – bislang nur Berlin, Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein aktuelle Zahlen veröffentlicht. Alle vier Länder konnten sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessern.
- Berlin: U3: 44,9 Prozent // Ü3: 92,1 Prozent
- Brandenburg: U3: 57,7 Prozent // Ü3: 95,6 Prozent
- Hamburg: U3: 47 Prozent // Ü3: k.A.
- Schleswig-Holstein: U3: 35 Prozent // Ü3: k.A.
Ob die nun vorgestellten Zahlen reichen, um sich im Bundesvergleich zu verbessern, wird erst im nächsten Jahr feststehen.
Bertelsmann-Studie kritisiert Kita-Qualität
Zur Situation des Kita-Personals hatte die Bertelsmann-Stiftung am Dienstag eine Studie veröffentlicht. Darin kritisieren die Macher, dass sich die Betreuungsqualität in den 10.215 nordrhein-westfälischen Kindertagesstätten insgesamt kaum verbessert habe.
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Unter anderem ist der Betreuungsschlüssel in der Kritik, das heißt um wie viele Kinder sich eine angestellte Person im Schnitt kümmert. Dabei kommt es stark darauf an, in welchem Kreis sich die Einrichtung befindet: In Duisburg kommen auf eine betreuende Person im Schnitt zehn Kinder, im Kreis Euskirchen sind es sieben. Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt in Kindergärten (Ü3) einen Personalschlüssel von 7,5 Kindern pro Betreuer.
Stefan Behlau, der Landesvorsitze des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), sagte: „Es ist schon fünf nach zwölf, wenn es um die Gewinnung von Fachleuten geht.“
Stamp sieht NRW bei Kitas auf gutem Weg
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) sah hingegen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) in der Pflicht: Der Bund müsse „seine ständigen Ankündigungen, die Mittel des Gute-Kita-Gesetzes zu verstetigen, endlich in die Tat umsetzen“, so Stamp am Dienstag. Das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene „Gute-Kita-Gesetz“ soll die Bundesländer bis 2022 mit 5,5 Milliarden Euro bei der Entwicklung und Verbesserung von Kindertagesstäten unterstützen.
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Insgesamt sieht Stamp Nordrhein-Westfalen bei der Kita-Qualität auf dem richtigen Weg: „Wir stellen der frühkindlichen Bildung endlich die Mittel für das Personal zur Verfügung, die sie braucht, um allen Kindern bestmögliche Chancen auf gute Bildung zu ermöglichen“, sagte er und verwies auf eine Milliarde Euro zusätzliche Mittel für die frühkindliche Bildung.
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