Berlin. Die USA wollen auf Deutschland keinen Druck ausüben, mehr Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Das sagte der Sondergesandte für Afghanistan, Holbrooke. Dennoch machte Holbrooke vor dem Nato-Treffen am Freitag klar: Der Erfolg in Afghanistan ist der ultimative Test für das Bündnis.
Vor der Abstimmung über die Verlängerung des Bundestags-Mandats für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr hält die Diskussion über die Entsendung weiterer Soldaten an. Nachdem verschiedene Medien am Mittwoch berichtet hatten, die USA würden weitere 2000 bis 2500 Bundeswehrsoldaten fordern, sagte der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, dass auf Deutschland kein Druck ausgeübt werden solle. Deutsche Politiker fordern statt dessen die Konzentration auf den zivilen Wiederaufbau in Afghanistan.
«Es bleibt den Deutschen selbst überlassen, über das weitere Vorgehen zu entscheiden», sagte Holbrooke. Die Bundeswehr habe schon mehr als 30 Soldaten in Afghanistan verloren, «das ist historisch». Er habe daher Verständnis für die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), mit einer Entscheidung über zusätzliche Truppen bis zur Afghanistan-Konferenz im Januar zu warten.
Afghanistan Test für die Nato
Vom Treffen der Nato-Außenminister am Freitag in Brüssel erwartet Holbrooke «keine Zahlen, sondern politische Zusagen». Die Alliierten müssten sich bewusst sein, was auf dem Spiel steht. «Wenn das westliche Bündnis hier keinen Erfolg hat, werden wir einen sehr ernsten Anstieg der Gewalt erleben. Afghanistan ist der ultimative Test für die Nato und das gesamte westliche Bündnis», sagte Holbrooke.
Unterdessen hat die FDP-Wehrexpertin Elke Hoff zusätzliche militärische Aufgaben für die Bundeswehr auf Basis der neuen Afghanistan-Strategie von US-Präsident Barack Obama abgelehnt. Dem Parlament und der Regierung liege bislang keine Anfrage nach zusätzlichen deutschen Truppen vor, sagte Hoff. Politiker könnten «nur über Fakten urteilen und nicht über Mutmaßungen».
Entscheidend sei nicht die militärische Präsenz, sondern der zivile Bereich, sagte Hoff. «Dafür müssen bei der internationalen Afghanistan-Konferenz in London neue Weichen gestellt werden, aber nicht durch hektische Debatten um Kampftruppen.» Eine Verstärkung des zivilen Wiederaufbaus und des Einsatzes beim Aufbau der Polizei «müssten wesentliche Bestandteile der deutschen Vorschläge» für die Londoner Konferenz sein.
Mehr Poizei gefordert
«Wir brauchen mehr Polizeiausbildung in Afghanistan», sagte auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Dabei gehe es nicht nur um Entwicklungshilfe. Die Unterstützung der afghanischen Polizei liege «in unserem eigenen Interesse», damit «der Terrorismus der Taliban nicht nach Deutschland kommt». Um den Terrorismus an den Wurzeln zu bekämpfen, «müssen wir für Sicherheit in Afghanistan sorgen». Herrmann kündigte an, dass am Donnerstag auf der Innenministerkonferenz in Bremen über die Entsendung weiterer Polizeiausbilder beraten werde.
Nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Karl A. Lamers (CDU), gewährleistet die Mandatsverlängerung im Bundestag rechtliche Klarheit für den Einsatz. Sollte sich nach der Afghanistan-Konferenz eine neue politische Bewertung ergeben, «dann werden wir das Mandat anpassen». Es dürfe nicht nur um die Aufstockung der Soldaten gehen, sondern um die militärische Absicherung und den zivilen Wiederaufbau mit der Ausbildung von afghanischen Soldaten und Polizisten.
Der afghanische Präsident Hamid Karsai müsse erklären, «wie er seiner Verantwortung dafür gerecht wird, dem Land eine vernünftige Perspektive zu geben», sagte Lamers. Dazu zähle die effiziente Bekämpfung von Korruption und Drogenanbau. Davon hänge auch die Entsendung weiterer Bundeswehrsoldaten ab.
Der Bundestag entscheidet am Donnerstag über den weiteren Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Das bisherige Mandat soll zunächst um ein Jahr verlängert werden. (ddp)