Berlin. Kanzlerin Merkel stellt sich schützend hinter Verteidigungsminister zu Guttenberg. Sie teilt seinen Kurswechsel bei der Bewertung des Luftschlags in Kundus als "militärisch nicht angemessen". Doch Opposition und Bundeswehrverband sind mit Guttenbergs Erklärung ganz und gar nicht zufrieden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der Bewertung des Bombardements der Tanklaster in Afghanistan hinter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gestellt. «Die Bundeskanzlerin teilt die Neubewertung des Bundesverteidigungsministers», sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Freitag in Berlin. Er habe sie vor seiner Rede am Donnerstag über die Absicht informiert, seine neue Einschätzung öffentlich mitzuteilen.
Guttenberg hatte vor dem Bundestag am Donnerstagabend den von dem deutschen Oberst Wolfgang Klein angeordneten Luftschlag, bei dem bis zu 142 Menschen getötet wurden, als «militärisch nicht angemessen» bezeichnet. Vier Wochen zuvor hatte er nach einem ISAF-Bericht erklärt, die Aktion vom 4. September sei angemessen gewesen. Grund für die geänderte Einschätzung sei die «Gesamtschau der nun vorliegenden Dokumente» gewesen, erklärte Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz.
Der Bundeswehrverband hat Verteidigungsminister Guttenberg wegen der Neubewertung Luftangriffe in Afghanistan jedoch kritisiert. Der Verbandsvorsitzende Ulrich Kirsch forderte am Freitag eine Begründung dafür, dass die Bombardements nunmehr als «militärisch nicht angemessen» bewertet werden. Der Rechtsanwalt von Opfer-Angehörigen, Karim Popal, sieht jetzt bessere Chancen, die Interessen seiner Mandanten durchzusetzen.
SPD sieht weiter Klärungsbedarf
Kirsch sagte im ZDF-Morgenmagazin, sein Verband könne die Luftangriffe auf zwei von Taliban gekaperte Tanklaster bei Kundus am 4. September nicht von sich aus bewerten, «weil wir die geheimen Unterlagen nicht kennen». Er forderte von Guttenberg: «Die Begründung ist nachzuliefern.»
Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sieht nach der Neubewertung des Luftangriffs durch Guttenberg weiter Klärungsbedarf. «Das ging jetzt ja doch schnell», sagte Bartels dem «Kölner Stadt-Anzeiger» vom Freitag. «Man fragt sich allerdings, welche Informationen er hatte, um zu dieser neuen Bewertung zu kommen», fügte er mit Blick auf Guttenberg hinzu. Auch fehle nach wie vor eine inhaltliche Begründung «für den Rauswurf des höchsten militärischen Beraters und des höchsten zivilen Beamten», sagte Bartels weiter.
Nato verspricht USA mindensten 7000 zusätzliche Soldaten
Die Verbündeten der USA haben derweil mindestens 7000 zusätzliche Soldaten für Afghanistan zugesagt. Das kündigte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Freitag nach Beratungen mit den Partnern der Internationalen Afghanistan-Truppe (ISAF) in Brüssel an. Danach wollen bislang mindestens 25 der 44 ISAF-Länder ihre Truppen im kommenden Jahr aufstocken. Darüberhinaus würden weitere Beiträge der Alliierten erwartet, sagte Rasmussen. Zu den genauen Zusagen der einzelnen Länder wollte sich der frühere dänischer Regierungschef nicht äußern.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte zum Auftakt des Treffens erklärt, Deutschland sei bereit, «mehr beim zivilen Aufbau zu tun, insbesondere beim Aufbau der Polizei». Er wende sich gegen «eine Debatte, die sich lediglich auf die Frage verkürzt: 'Wie viele Soldaten'», fügte der Bundesaußenminister hinzu. «Das ist aus unserer Sicht weder zielführend noch angemessen.»
US-Präsident Barack Obama hatte am Dienstag die Entsendung von 30.000 zusätzlichen US-Soldaten nach Afghanistan angekündigt. Zugleich forderte er weitere Unterstützung von den Verbündeten. Verteidigungsminister Robert Gates hatte von 5000 bis 7000 zusätzlichen Soldaten der Verbündeten gesprochen. (ap/afp)