Essen. . In Deutschland herrscht aktuer Bedarf an Pflegefachkräften. Die Awo sieht das Land in der Pflicht und fordert mehr Mittel in der Ausbildung.

Wie groß der Bedarf an Pflegefachkräften ist, zeigt eine dreistellige Zahl: 155 Tage dauerte es in NRW durchschnittlich, um eine Stelle in der Altenpflege zu besetzen – das ergab eine Auswertung der Arbeitsagentur von 2017. Sozialverbände wie die Arbeiterwohlfahrt werfen der schwarz-gelben Landesregierung vor, den Mangel zu verschärfen: Weil die Berufsschulen für Altenpflege nicht auskömmlich finanziert seien, drohe vielen das Aus, sagt Uwe Hildebrandt, Geschäftsführer der Awo NRW. „Unseren Seniorenzentren bricht der Nachwuchs weg.“

NRW sei auf die Absolventen der Fachschulen angewiesen, mahnt Hildebrandt anlässlich des Tages der Pflege am 12. Mai. „Um qualifizierte Lehrer zu beschäftigen, die auf modernem Standard ausbilden können“, brauchten die Pflegeschulen aber mehr Hilfe vom Land.

Verbände fordern 210 Euro mehr je Schüler

Die Wohlfahrtsverbände betreiben rund 115 Altenpflegeschulen in NRW, an denen die theoretische Ausbildung von rund 13 000 Fachkräften stattfindet. Das Land zahlt je Schüler und Monat 280 Euro. Der Betrag ist laut Awo seit 1992 nicht erhöht worden – 2006 lag er noch bei 317 Euro. Die Sozialverbände fordern eine Pauschale 490 Euro – angelehnt an jenen Betrag, den die Krankenkassen Fachschulen für die Krankenpflegeausbildung zahlen.

Die älteste deutsche Altenpflegeschule: das Lucy-Romberg-Haus Marl.
Die älteste deutsche Altenpflegeschule: das Lucy-Romberg-Haus Marl. © HO

Für Iris Knüver, Leiterin des ältesten deutschen Pflege-Ausbildungszentrums, manifestiert sich das knappe Budget auch am Lehrpersonal: „Wir haben mit über 50 Prozent einen sehr hohen Anteil an Honorarkräften, die ja oft nur für einzelne Stunden zu uns kommen“, sagt die Leiterin des Marler Lucy-Romberg-Hauses. Für eine umfassende Begleitung der Schüler brauche es mehr Festangestellte – was teurer ist. Von fünf Beschäftigten sei nur die Leitung in Vollzeit angestellt. Die Schule hilft sich mit Kniffen gegen die Finanznot aus. So sollen übergroße Klasse im Eingangsjahr sicherstellen, dass auch im Falle von abgebrochenen Lehren die maximale Landesförderung fließt. Die Pauschale greift nur bis 25 Schülern je Klasse.

Dass auch die Ausstattung in vielen Pflegeschulen veraltet sei, sorge aktuell für eine Doppelbelastung, so Knüver. In Deutschland soll die Grundausbildung in der Alten- und Krankenpflege zusammengelegt werden, „wir müssten also nachrüsten und investieren“. Das NRW-Gesundheitsministerium kündigt dabei Hilfe an: „Spätestens bei der Umsetzung der neuen Pflegeausbildung sollen die Altenpflegefachseminare eine bessere Ausstattung erfahren“, sagt eine Sprecherin. Ab 2020 sollen Ausbildungskosten aus einem Landesfonds erstattet werden, abhängig von Bundesvorgaben. Vorab wird keine Erhöhung der Schulpauschale in Aussicht gestellt. Die Sprecherin verweist auf die Altenpflegeumlage, mit der alle Einrichtungen in NRW die betrieblichen Ausbildungskosten tragen. So seien zuletzt auch neue Fachseminare entstanden.