Washington. Der Transatlantiker Karl-Theodor zu Guttenberg ist auf US-Reise. Vor Ort macht er klare Ansagen zur Bundeswehr, denn er will Auslandseinsätze zur Selbstverständlichkeit machen. Damit hat der Verteidigungsminister seinen Claim abgesteckt.

Das hat die Bundesrepublik schon lange nicht mehr erlebt: Ihr Verteidigungsminister hält in Washington, dem Machtzentrum der westlichen Welt, eine Rede auf englisch. Und er wird dabei auch noch grundsätzlich. Man muss sich schon an Helmut Schmidt erinnern, um noch ein Beispiel dafür zu finden.

Doch ist es kein Wunder. Es war auch schon lange mehr kein bekennender Transatlantiker mehr im Amt des Inhabers der Kommando- und Befehlsgewalt über die deutschen Streitkräfte. Genau so einer ist Karl-Theodor zu Guttenberg. Der Ort seiner Ansprache machte sie zum Heimspiel: Die Hanns-Seidel-Stiftung, die die Veranstaltung am Donnerstag organisierte, steht seiner CSU nahe. Der Saal im Zentrum für internationale und strategische Studien (CSIS) in Washington ist ein Hort für Transatlantiker, also Diplomaten, Politiker und Wissenschaftler, die in einer Handels-, Rüstungs- und Politikgemeinschaft Europas und Nordamerikas die Welt in sicheren Händen sehen.

Es gilt einen Claim abzustecken

Auch der Tag war mit Bedacht gewählt. Es war der Tag, an dem der zweite neue für internationale Beziehungen zuständige Minister, Außenamtschef Guido Westerwelle, der Amtseinführung von Hamid Karsai ins Präsidentenamt Afghanistans beiwohnte. Da gilt es für Guttenberg einen Claim abzustecken. Ob er deshalb seine Rede nahezu frei auf englisch hielt, muss hier offenbleiben.

Fast vier Jahre vor der nächsten Bundestagswahl setzt K-T, wie ihn seine Freunde nennen, sich zwar im Bundestag einer scharfen Debatte aus, aber Wählerstimmen werden vorerst nicht verloren gehen. Vielmehr wird es ihm Punkte bei der Truppe bringen, wenn er sagt: «Ich habe auf meiner ersten Auslandsreise im Amt bewusst erst die Soldaten und dann die Verbündeten besucht.»

Und dass die Freude über 20 Jahre Wiedervereinigung nicht ohne Dankbarkeit gegenüber eben diesen Verbündeten denkbar ist, damit ist er sich bei allen Wettläufen um außenpolitische Deutungshoheiten mit Kanzlerin Angela Merkel und Westerwelle völlig einig. Aber er besteht eben auch selbstbewusst darauf, dass ein Engagement nicht zu allen Bedingungen geht, sondern nur zu solchen, die für Deutschland akzeptabel sind. Dazu gehört, dass etwa in Afghanistan eben nicht nur militärisch vorgegangen wird, sondern auch der Wiederaufbauaspekt berücksichtigt wird, wenn nicht sogar Priorität hat.

Schwere Kost

Und weil er gerade bei der schweren Kost ist, räumt Guttenberg auch gleich mit einer Illusion auf: Wenn es klare, messbare Zielvorgaben für eine Abzugsstrategie geben soll - und das wollen sie ja alle -, dann gehört sicher nicht die Etablierung einer Demokratie nach westlichem Muster in Afghanistan dazu. Wichtiger sei es, das Konfliktpotenzial am Hindukusch so einzugrenzen, dass die Terrorgefahr für die gesamte Staatengemeinschaft eingedämmt werde. Und nicht nur am Hindukusch, sondern auch in den angrenzenden Ländern.

Guttenberg war im CSIS in seinem Element. Viel mehr denn als Wirtschaftsminister. «Ich bin von General Motors zu richtigen Generälen und richtigen Motoren gewechselt», sagte er freudig. Von einer vom Opel-Problem dominierten Reise im Frühjahr abgesehen, habe er viel zu wenig Gelegenheit gehabt, nach Amerika zu kommen. Jetzt gehe das sicher öfter. Den alten Job habe er an seinen geschätzten Kollegen Rainer Brüderle abgegeben, fuhr er mit einer von-sich-weg-schiebenden Bewegung fort. «Und der scheint glücklich zu sein, ihn zu haben.» (ap)