Essen. Bundeskanzler Angela Merkel (CDU) und SPD-Kandidat Frank-Walter Steinmeier kommen beide nicht so recht in Wahlkampf-Laune. Die Erwartungen der Bürger an das TV-Duell am Sonntag sind hoch, Experten sehen dem Geschehen nüchtern entgegen. Nur die Opposition empört sich: Sie ist nicht eingeladen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU und ihr Widersacher Frank-Walter Steinmeier von der SPD – bislang Seite an Seite in der Großen Koalition – gehen pfleglich miteinander um. Das belegen auch ihre letzten müden Fernsehauftritte. Und ausgerechnet diese beiden Kontrahenten treffen sich am Sonntag zum lang angekündigten TV-Duell, das von gleich vier Sendern live übertragen wird. Der Wahlkampf schleppt sich müde dahin.
"SPD hat noch reichlich Wählerpotenzial"
Von dem TV-Duell erwartet immerhin jeder zweite Zuschauer einen Einfluss auf seine Wahlentscheidung. Bei einer Forsa-Umfrage gaben 56 Prozent der Zuschauer an, das Duell werde sie beeinflussen. Keinerlei Auswirkungen auf ihre Wahlentscheidung erwarten 42 Prozent der Zuschauer.
„Die SPD hat noch reichlich Wählerpotenzial. Frank-Walter Steinmeier könnte es mit einem exzellenten Auftritt mobilisieren”, sagte Forsa-Chef Manfred Güllner der WAZ. Aber auch Amtsinhaberin Merkel könne „durchaus punkten, wenn sie Wähler, die bislang nur sie als Person, aber nicht die CDU wählen würden, für ihre Partei gewinnt”.
Güllner erinnerte daran, dass Gerhard Schröder durch seinen Auftritt beim Fernsehduell gegen Merkel 2005 rund 2,5 Millionen Wähler für die SPD habe mobilisieren können.
"Ziemlich unspannend"
Vor zu großen Erwartungen warnt der Essener Politikprofessor Claus Leggewie, 2005 Mitglied einer Experten-Kommission, die das Duell Schröder/Merkel analysierte. „Das Format TV-Duell hat in Deutschland nie richtig angeschlagen”, sagte Leggewie der WAZ. „Es hat einen gewissen Unterhaltungswert. Aber anders als in den USA hat es nie entscheidende Bedeutung für den Wahlausgang erlangen können. Wir wählen hier eben ein Parlament und keinen Präsidenten.”
Der Neuauflage am Sonntag sieht der Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) mit mäßigem Interesse entgegen: „Da kommen zwei Leute aus einer gemeinsamen Regierung zusammen und erzählen sich, wie es gelaufen ist – ziemlich unspannend.” Der Verzicht, die Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke mit ins Studio zu holen, führe wahrscheinlich zu „verkrampft inszenierten Gegensätzen”.
Die Opposition zeigte sich denn auch empört über die Live-Sendung am Sonntag, die ab 20.30 Uhr von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 gleichzeitig übertragen wird. FDP, Grüne und Linkspartei sprachen von einem „Scheingefecht” und „Täuschung der Wähler”. Die Spitzen der Großen Koalition würden sich absehbar nur mit „Wattebäuschchen bewerfen”.