Hamburg. Bischof Wolfgang Huber lehnt einen EU-Beitritt der Türkei ab. Die Lage der christlichen Minderheit in dem Land sei „sehr unbefriedigend“ und die EU nicht beliebig ausdehnbar, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Auch Innenminister Schäuble (CDU) warnt.

Eine Woche vor der Europawahl steht die Frage eines möglichen Beitritts der Türkei zur Europäischen Union (EU) erneut im Zentrum der politischen Auseinandersetzung.

Bischof Wolfgang Huber lehnt einen EU-Beitritt der Türkei ab. «In dem Zustand, in dem ich die Türkei erlebt habe, gehört die Türkei nicht in die Europäische Union», sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland am Sonntag der Internetseite «Abendblatt.de». So sei die Lage der christlichen Minderheit in dem Land «sehr unbefriedigend» und die EU nicht beliebig ausdehnbar.

Huber sprach sich vielmehr für eine «besondere Nachbarschaftsbeziehung» mit der Türkei aus. «Ich plädiere für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum, der größer ist als die EU», sagte er der Internetausgabe des «Hamburger Abendblatts». Zwar sei es wegen der Entscheidung für Beitrittsverhandlungen schwierig, «den Schalter noch umzulegen». «Ich würde aber ein Neudenken in dieser Frage begrüßen. Wir brauchen über diese Frage nicht nur eine politische, sondern auch eine gesellschaftliche Debatte mit der Türkei», so Huber.

Schäuble warnt vor EU-Beitritt

Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vor einer Mitgliedschaft der Türkei. «Bei aller Freundschaft, bei aller Bedeutung der Türkei, die volle Mitgliedschaft würde die Chance einer politischen Union dramatisch gefährden, wenn nicht unmöglich machen», sagte der CDU-Politiker der «Welt am Sonntag». Er betonte, es sei ein Stück Ehrlichkeit, im laufenden Wahlkampf zur Europawahl deutlich zu sagen, dass die EU die Grenzen des europäischen Kontinents nicht überschreiten sollte.

Der Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl, Martin Schulz, forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, für Klarheit über die Haltung der Union in dieser Frage zu sorgen. Er halte es für «dringend erforderlich», dass die Regierungschefs der EU und «vor allen Dingen Frau Merkel jetzt sagen, ob sie die bereits laufenden Verhandlungen fortsetzen wollen oder nicht», sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen SPE-Fraktion im EU-Parlament im RBB-Inforadio. Die CDU-Vorsitzende habe bislang jeder Eröffnung eines neuen Verhandlungskapitels zugestimmt. In der Union werde der Beitritt jedoch abgelehnt, kritisierte Schulz.

In ihrem Wahlprogramm für die Europawahl plädiert die CDU für «eine Phase der Konsolidierung». Der Spitzenkandidat der CDU für die Europawahl, EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering, hatte sich kürzlich «zutiefst überzeugt» gezeigt, «dass die EU überfordert wäre, die Türkei aufzunehmen, aus politischen, kulturellen und geografischen Gründen». Die EU verhandelt seit 2005 mit der Türkei über einen Beitritt. (ddp)