Brüssel. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stecken fest. Jetzt macht sich eine Gruppe von EU-Politpromis für ein Ende der Blockade-Haltung stark. Den Türkei-Bremsern werfen sie Populismus und Vertrauensbruch vor.

Die Aufnahme der Türkei in die EU ist der markanteste europapolitische Streitpunkt zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier. Die Kanzlerin und ihre Partei möchten das Verhältnis zur Türkei auf eine „privilegierte Partnerschaft“ begrenzen. Der SPD-Kandidat steht zum EU-Beschluss, wonach es bei den Verhandlungen mit Ankara um volle Mitgliedschaft geht. Die „Unabhängige Türkei-Kommission“, eine Art EU-Ältestenrat in Sachen Türkei, wirft jetzt den Verfechtern der „Partnerschaft“ Populismus und Vertrauensbruch vor.

Die 2004 gegründete Kommission wird vom ehemaligen finnischen Präsidenten und Nobelpreisträger Martti Ahtisaari geleitet. Mitglieder sind unter anderem Kurt Biedenkopf, mehrere frühere EU-Kommissare und Michel Rocard, einst französischer Premier. In ihrem Bericht, den Ahtisaari und fünf Mitstreiter am Montag in Brüssel vorstellten, fordern sie die EU-Regierungen auf, die gegenwärtige Blockade zu beenden und mit Ankara wieder ernsthaft über einen Beitritt zu verhandeln.

"Latte für Beitritt kontinuierlich höher gelegt worden"

Die Türkei sei von der Politik bis zum Fußball bereits in fast allen europäischen Organisationen integriert, argumentiert die Gruppe. Woraus eine „privilegierte Partnerschaft“ zusätzlich bestehen solle, sei nicht erkennbar. Die Parole, die sich auch die Franzosen zu eigen gemacht haben, sei nur „ein populistischer Vorwand“ und provoziere nationalistische Reaktionen in der Türkei. Nach dem EU-Beschluss von 1999, das Land wie andere Interessenten zu behandeln, sei „die Latte für den Beitritt kontinuierlich höher gelegt (worden) als für vorherige Kandidaten“.

Die EU verhandelt seit fast vier Jahren offiziell mit Ankara. Von den 35 Sachgebieten ist erst eines erledigt. Für die meisten sind die Gespräche von EU-Seite ausgesetzt worden.