Berlin. US-Präsident Obama kämpft für den EU-Beitritt der Türkei. Und stößt damit in Deutschland teils auf heftige Kritik. Aus der CSU kommen besonders scharfe Töne: Der US-Präsident versuche, "die Türken auf Kosten der Europäer zu belohnen und gleichzeitig die europäische Integration zu schwächen".

Das Werben von US-Präsident Barack Obama für eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union sorgt für erheblichen Wirbel in Deutschland. Aus der CSU kam am Montag scharfe Kritik an Obama. Die SPD warf dem Berliner Koalitionspartner daraufhin Populismus vor. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg betonte, die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei würden «ergebnisoffen» geführt.

Obama hatte am Sonntag die Europäer aufgefordert, mehr für die Kooperation mit der islamischen Welt zu tun. Ein «wichtiges Signal» dafür wäre eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union, sagte er beim EU/USA-Gipfel in Prag. Steg sagte dazu in Berlin, das Vorgehen Obamas in der Türkei-Frage habe die Bundesregierung «nicht überrascht». Dies sei «keine neue Position» der USA.

Heftiger reagierte die CSU. Deren Spitzenkandidat für die Europawahl, Markus Ferber, verbat sich eine Einmischung der USA. Es sei «allein Sache der Europäer», wie die EU ihre Beziehungen mit der Türkei gestalte.

"Obama soll die Türkei halt als Bundesstaat in die USA aufnehmen"

Der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt betonte: «Die EU ist nicht der Spielball Obamas.» Der US-Präsident versuche, «die Türken auf Kosten der Europäer zu belohnen und gleichzeitig die europäische Integration zu schwächen oder zu unterminieren». Posselt fügte hinzu: «Dann soll Obama die Türkei halt als 51. Bundesstaat in die USA aufnehmen.»

Der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Martin Schulz, warf der CSU «blanken Populismus» vor. Schulz sagte nach Beratungen des SPD-Präsidiums in Berlin, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei liefen «auf vollen Touren, und zwar mit Zustimmung der Bundeskanzlerin».

Der CDU-Außenexperte Eckart von Klaeden verwies jedoch auf die Position seiner Partei, der Türkei statt einer Vollmitgliedschaft eine «privilegierte Partnerschaft» anzubieten. Er kritisierte, der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan habe in den vergangenen Monaten «den Bogen deutlich überspannt». Dies gelte etwa für «seinen öffentlichen Widerstand nahezu bis zuletzt gegen den neuen NATO-Generalsekretär Rasmussen».

Polenz: Türkei verdient eine faire Chance

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), mahnte: «Die Türkei verdient eine faire Chance, auch EU-Vollmitglied zu werden.» Allerdings müsse das Land dafür «vollinhaltlich» die Beitrittskriterien erfüllen. Die Zugehörigkeit zur EU bedeute «auch das Leben gemeinsamer Werte» - und davon sei die Türkei «noch ein Stück entfernt».

Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), äußerte sich «überrascht» über die harschen Reaktionen aus der Union auf Obamas Rede. Im Berliner Koalitionsvertrag stehe «nichts von privilegierter Partnerschaft drin, sondern da steht drin, dass weiter verhandelt wird mit dem Ziel des Beitritts».

Auch Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin sagte, die von der CDU ins Gespräch gebrachte privilegierte Partnerschaft sei «keine Alternative zu einer Aufnahme in die EU». Es sei «höchste Zeit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Haltung überdenkt und eine Aufnahme der Türkei in die EU nicht länger hintertreibt». (ddp)

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