Berlin. Atomkraftwerke sollen länger am Netz bleiben. Darauf haben sich am Donnerstag Politiker von Union und FDP bei den Koalitionsverhandlung in Berlin geeinigt. Details soll der Koalitionsvertrag aber offen lassen. Die Abkehr vom Atomausstieg betreffe nur als "sicher" eingestufte Akws.

Union und FDP wollen die Laufzeiten von ihnen als sicher eingestufter Atomkraftwerke verlängern, die Details der Neuregelung im Koalitionsvertrag aber offen lassen. Das sagte die FDP-Energieexpertin Gudrun Kopp am Donnerstag. Atomkraft-Gegner und die Grünen kritisierten die Einigung der künftigen Koalitionspartner scharf.

FDP will Laufzeit in Koalitionsvertrag festschreiben

Umwelt- und Energieexperten von Union und FDP verständigten sich nach den Angaben Kopps darauf, der großen Koalitionsrunde als Formulierung für den Koalitionsvertrag vorzuschlagen, dass die Laufzeiten der als sicher eingestuften Atomkraftwerke verlängert werden sollen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte in Berlin, es sei klar, dass «Laufzeitverlängerung ein Maßstab sein wird, der in dem Koalitionsvertrag eine Rolle spielt».

Die Ausgestaltung der Grundsatzeinigung hinsichtlich Jahreszahlen, der betroffenen Kraftwerke oder der Höhe der Abgabe aus den Zusatzgewinnen der Energiekonzerne sollten jedoch im Koalitionsvertrag noch nicht genannt werden, sagte Kopp. Die FDP-Energieexpertin forderte, die genauen Bedingungen «schnellstmöglich» zu formulieren. Auch für die Energiekonzerne müssten verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, sagte Kopp, die als Mitglied der Koalitionsarbeitsgruppe Wirtschaft an den Verhandlungen beteiligt ist.

Schwarz-Gelb hält an Endlager Gorleben fest

Der CDU-Energieexperte Joachim Pfeiffer stellte klar, dass Union und FDP den Salzstock Gorleben weiter als mögliches Endlager für Atommüll erkunden wollen. Neue Atomkraftwerke sollten jedoch nicht gebaut werden. Im kommenden Jahr solle ein langfristiges Gesamtenergiekonzept erarbeitet werden, das die zukünftige Nutzung der erneuerbaren Energie sowie der Atomkraft und somit auch die Laufzeiten festlege.

Der Sprecher der Anti-Atomkraft-Organisation «ausgestrahlt», Jochen Stay, bezeichnete es als «gewagt», von einer Einigung in der Atompolitik zu sprechen. «Noch ist nicht klar, für welche Atomkraftwerke die Laufzeitverlängerung gelten soll, nach welchen konkreten Bedingungen das entschieden wird und um welche Zeiträume es sich handelt», erklärte Stay in Berlin. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast bezeichnete längere Akw-Laufzeiten als «umweltpolitisch unverantwortlich» und «energiepolitisch unnötig».

Keine festen Vorgaben für Zusatzgewinne der Konzerne

Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke führten zu einem langsameren Ausbau der erneuerbaren Energien, warnte der Geschäftsführer des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, Björn Klusmann, im Deutschlandradio. «Wir fordern ein energiepolitisches Gesamtkonzept, das in allen Bereichen, Strom, Wärme, aber auch Verkehr, wirklich auf den konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien setzt.»

Die Verbraucherverbände forderten Union und FDP auf, mögliche Zusatzgewinne der Stromkonzerne durch längere Laufzeiten «zu mindestens 80 Prozent» den Verbrauchern zu Gute kommen zu lassen. Auf keinen Fall dürften die zusätzlichen Gewinne den vier marktbeherrschenden Stromkonzernen zur freien Verfügung gestellt werden, sagte der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, Gerd Billen, der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Union und FDP wollen einen Teil der Zusatzgewinne der Betreiber unter anderem für die Forschung und Förderung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien abschöpfen. Auch in diesem Punkt sollen die Einzelheiten aber noch nicht im Koalitionsvertrag festgehalten werden. (afp)