Leipzig. Eine Bewährungsprobe für den Ministerpräsidenten: Stanislaw Tillich kämpft in Sachsen erstmals als Spitzenkandidat für die CDU. Der 50-Jährige hatte die Macht erst im Mai 2008 übernommen - und warnt: "Die CDU habe ,keine Abo auf die Macht'."
Stanislaw Tillich ist ein Mann der Harmonie. Und so sieht man ihn auf den Wahlplakaten mal freundlich lächelnd, mal interessiert zuhörend. Der sächsische Ministerpräsident ist das Zugpferd der CDU zur Landtagswahl in anderthalb Wochen und soll seiner Partei die Regierungsmehrheit sichern. Für den 50-Jährigen, der das Ministerpräsidentenamt erst im Mai 2008 übernommen hatte, ist die Wahl zugleich die erste große Bewährungsprobe.
Die CDU hat den Wahlkampf voll und ganz auf Tillich zugeschnitten und setzt dabei vor allem auf dessen ostdeutsche Herkunft. Denn anders als seine Amtsvorgänger und Parteikollegen Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt ist Tillich kein Westimport. Und noch eines unterscheidet Tillich von seinen Vorgängern in der Staatskanzlei. Der charmante Sorbe sucht nicht unbedingt den großen Auftritt und erledigt seine Amtsgeschäfte weitgehend geräuschlos.
Wegen DDR-Vergangenheit im Rampenlicht
In den vergangenen Monaten stand Tillich dennoch ungewollt wegen seiner DDR-Vergangenheit im Rampenlicht. Gerade ein halbes Jahr im Amt, geriet der CDU-Politiker Ende 2008 wegen seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Rates des Kreises Kamenz in die Kritik, wo er im Wendejahr als Mitglied der DDR-Blockpartei zuständig für Handel und Versorgung war. Strittig war, ob er bei seinem Eintritt in die sächsische Landesregierung einen Fragebogen zu seiner DDR-Vergangenheit und zu dienstlichen Kontakten mit der Stasi korrekt ausgefüllt hat. Er habe sich nichts vorzuwerfen, meinte Tillich, räumte aber ein, dass seine damalige Funktion in der DDR-Verwaltung kein Ruhmesblatt gewesen sei.
Inzwischen hat sich die Debatte beruhigt, aber ein Makel wird wohl haften bleiben an seiner politischen Karriere, die Tillich in den vergangenen Jahren in rasantem Tempo immer höher trieb. Erst wurde er 1990 Mitglied der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer, wechselte dann ins EU-Parlament nach Brüssel, bevor es zurück nach Sachsen ging. Seit 1999 gehört der Diplomingenieur für Getriebetechnik der sächsischen Regierung an, zunächst unter Biedenkopf als Minister für Europaangelegenheiten.
"Kein Abo auf die Macht"
Unter dessen Nachfolger Milbradt wechselte Tillich 2002 an die Spitze der Staatskanzlei, nach der Wahl 2004 wurde er Umweltminister und kümmerte sich vor allem um den Ausbau des Hochwasserschutzes nach der Elbeflut von 2002. Im September 2007 dann sprang Tillich für Finanzminister Horst Metz (CDU) ein, der wegen der Affäre um die Sachsen LB zurückgetreten war. Nur acht Monate später wechselte Tillich erneut den Job, nachdem auch Milbradt die Sachsen LB zum Verhängnis wurde. Mit Tillich kehrte in der Landespolitik wieder Ruhe ein. Die CDU habe «keine Abo auf die Macht», warnte der 50-Jährige, dem Höhenflüge fremd sind.
Tillich selbst beschreibt sich als bodenständigen Lausitzer. Er wurde am 10. April 1959 im ostsächsische Neudörfel geboren, mitten in der Lausitz zwischen Cottbus und Zittau, wo die slawische Minderheit der Sorben beheimatet ist. In Bautzen besuchte er ein sorbisches Gymnasium. Heute wohnt der Vater von zwei Kindern mit seiner Frau in dem 2200-Seelen-Dorf Panschwitz-Kuckau. In der katholischen Enklave nimmt Tillich auch an Bräuchen wie dem Osterreiten teil, bei dem ausschließlich Männer mit Frack und Zylinder hoch zu Ross die Auferstehung Christi verkünden.
Die CDU sieht diese Heimatverbundenheit als Trumpf - und wirbt auf ihren aktuellen Wahlplakaten mit dem Konterfei Tillichs und den Slogans «Aus Liebe zu Sachsen» und «Ein Sachse» um Wählerstimmen. (afp)