Berlin. Von beiden Seiten gibt es vehemente Ablehnung: Ein rot-rotes Bündnis nach der Bundestagswahl wird es nicht geben, betonen SPD und Linkspartei gleichermaßen. Die Hürden seien zu groß. Ein Parteienforscher prophezeit den Sozialdemokraten indes eine Durststrecke von 15 Jahren.
SPD und Linke schließen ein rot-rotes Bündnis nach der Bundestagwahl im Herbst aus. «Im Bund übt die Linke Totalverweigerung», kritisierte SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel im «Tagesspiegel am Sonntag». Als größte Hürde für eine Zusammenarbeit bezeichnete er «die Inhalte, die Personen, aber auch die Haltung zur Politik». Wasserhövel verneinte, dass es nach der Bundestagswahl Ende September darum gehen werde, die Hindernisse zwischen SPD und Linker abzubauen. Er gehe zudem nicht davon aus, dass die Linke die nächsten 20 Jahre überleben werde, sagte der SPD-Politiker der Zeitung.
Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, erteilte einem Bündnis mit der SPD zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls eine Absage. Derzeit sei die SPD für die Linke «nicht koalitionsfähig», sagte Gysi der Zeitung. Eine Zusammenarbeit nach der Bundestagswahl 2013 schloss er jedoch nicht aus. Die SPD müsse wieder sozialdemokratisch werden, bevor sie für die Linke bündnisfähig werde. «Bis zum Herbst wird das nicht gelingen, aber bis 2013 halte ich das für möglich», sagte Gysi.
Gysi: "Arbeitslose werden mit Hartz IV drangsaliert"
Natürlich müsse auch die Linke Kompromisse eingehen, aber es gebe Stellen, an denen sie sich nicht bewegen könne. «Wenn wir auf die SPD zugehen, und auch dafür sind, dass die Bundeswehr in den Krieg in Afghanistan zieht, dass die Rente um zwei Jahre gekürzt wird, dass Arbeitslose mit 'Hartz IV' drangsaliert werden, dann sind wir am selben Tag überflüssig», betonte Gysi.
Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen und im Saarland sagte Gysi, für eine Kooperation auf Bundesebene hätten auch rot-rote Regierungen auf Landesebene Relevanz. «Wenn Sie gemeinsam mehrere Regierungen bilden, entstehen Beziehungen und eine gewisse politische Kultur.»
Die SPD steht nach Ansicht des Göttinger Parteienforschers Peter Lösche vor einer langen politischen Durststrecke. Es könne 10 bis 15 Jahre dauern, ehe die Sozialdemokraten wieder aus dem politischen Tief herauskämen und wieder eine Volkspartei mit mehr als 35 Prozent der Stimmen werden könnten, sagte Lösche in einem Interview mit den «Lübecker Nachrichten» (Sonntagausgabe). Die SPD sei nicht nur auf 25 Prozent gefallen, weil der damalige Kanzler Gerhard Schröder die Reformen der Agenda 2010 «gegen die eigene Partei und das eigene Wählerklientel durchgesetzt» und «traditionelle SPD-Anhänger vergrault hat».
Stammwählerschaft der SPD verschwindet
Nach Lösches Einschätzung hat auch die vom heutigen SPD-Chef Franz Müntefering durchgeboxte Rente mit 67 die Partei hinter die CDU/CSU zurückgeworfen. Dritter und langfristig wichtigster Grund sei aber, «dass die traditionelle Stammwählerschicht der SPD, die protestantischen, gewerkschaftlich gebundenen Facharbeiter, immer mehr verschwindet. Und die neue Mittelschicht hat die SPD nicht an sich binden können», so der Parteienforscher.
Um wieder breitere Wählerschichten anzusprechen, müsse die SPD «den Spagat schaffen, sowohl Facharbeiterschaft als auch die neuen Mittelschichten anzusprechen». So ein Programm müsse nicht nur entwickelt, sondern vor allem den Wählern vermittelt und in den Ländern, den Städten und Gemeinden auch in Politik umgesetzt werden. »Das dauert 10 bis 15 Jahre - eine lange Durststrecke", erwartet Lösche. (ddp)