Essen. Die Steuerpläne der Parteien könnten für die Bürger richtig teuer werden. Und kein Konzept hält, was es verspricht. Das belegt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Die Liberalen haben sich verrechnet. Die Union belastet die Mittelschicht, die SPD den Haushalt.
Kein Steuerkonzept hält, was die jeweilige Partei verspricht. Das bescheinigt das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) vier Tage vor der Wahl Union, SPD und FDP. Das Konzept der Union würde nicht die Mittelschicht entlasten; das der SPD sich nicht selbst tragen und das der FDP satte 89 statt 35 Milliarden Euro kosten. Die Konzepte von Grünen und Linken wurden nicht durchgerechnet.
Das Unions-Konzept
Dass die Union im wichtigsten Punkt vage bleibt, erschwert die Analyse: Sie will die „kalte Progression” abflachen, also den steilen Anstieg der Steuersätze im mittleren Einkommensbereich. Doch sie lässt offen, wie sehr. Das RWI hat zunächst nur berechnet, was konkret im Programm steht: Der Eingangssteuersatz soll von 14 auf 12 Prozent gesenkt werden, der Höchstsatz von 42 Prozent erst ab 60 000 Euro gelten. Das für Laien verblüffende Ergebnis: Mittlere Einkommen würden sogar belastet. Dafür sorgt der durch den niedrigeren Eingangssatz steilere Anstieg der Tarife, er verschärft die Progression. Bei einem Jahreseinkommen von 50 000 Euro fielen so knapp 100 Euro mehr Steuern an.
Würde die Progression ganz abgeschafft, würden alle Steuerzahler sparen, im Schnitt 1545 Euro im Jahr. Das würde den Staat 43 Milliarden kosten. Die Wahrheit liegt dazwischen. Würde die Abflachung der Progression – etwa unter Verweis auf die Haushaltslage – verschoben, wäre das Konzept aufkommensneutral.
Das SPD-Konzept
Die SPD kritisiert, Steuerentlastungen seien derzeit nicht finanzierbar. Doch nach den RWI-Berechnungen würde der Fiskus auch durch ihr Konzept immerhin 2,6 Milliarden Euro weniger einnehmen. Das Ziel, besonders untere Einkommen zu entlasten, erfülle die SPD aber mit der Senkung des Eingangssteuersatzes von 14 auf 10 Prozent. Weil sie kräftiger ist als bei der Union, würde die steilere Progression auch nicht die Mittelschicht belasten. Die Erhöhung der Reichensteuer auf 47 Prozent, die bereits ab 125 000 statt 250 000 Euro greifen soll, würde gut eine Milliarde Euro einbringen – zu wenig, um die Entlastungen auszugleichen.
Das FDP-Konzept
Durch den Stufentarif der FDP (15, 25 und 35 Prozent) würde jeder Steuerzahler im Schnitt 3167 Euro sparen, Gutverdiener ab 77 000 Euro Jahresbrutto sogar 12 035 Euro. Die veranschlagten Kosten von 35 Milliarden können die Forscher nicht nachvollziehen. Sie kommen auf 89 Milliarden. „Kaum finanzierbar”, so das RWI-Fazit.