Berlin. Die Zahl der Jugendlichen, die nach Saufgelagen im Krankenhaus landen, ist dramatisch gestiegen. Die Drogenbeauftragte Sabine Bätzing will das Problem Koma-Trinken deshalb zum Unterrichtsthema machen. Vorbild dafür ist Großbritannien.
Schulen müssen nach Ansicht der Drogenbeauftragten Sabine Bätzing besser und früher über Alkoholmissbrauch aufklären. «Wir können uns in dieser Frage auch an Großbritannien orientieren», sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag in Berlin. Dort werde in einem speziellen Fach «Lebenskompetenz» vermittelt, nicht nur in Sachen Alkoholkonsum, sondern auch bei Ernährung und bei sozialen Problemen, sagte Bätzing.
«Auch in der Lehrerausbildung werden solchen Themen überhaupt nicht berücksichtigt», sagte das Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Zusammen mit der Drogenbeauftragten stellte er Konzepte zur Vernetzung der Präventionsarbeit in Kommunen vor. Die Kooperation zwischen Schulen, Vereinen, Kindergärten, Jugendämtern und den Eltern solle verbessert werden.
Die Aufklärung über Gefahren von Alkoholmissbrauch müsse schon bei Kindern beginnen und sich «wie ein roter Faden» durch die Ausbildung ziehen, forderte Bätzing. «In der neunten Klasse im Biounterricht über Alkohol zu sprechen, ist eindeutig zu spät.»
Krankenkassen sollen in Prävention investieren
Eine bessere Prävention ist Landsberg zufolge «nicht zum Nulltarif» zu haben. «Da könnten die Krankenkassen eine Menge mehr tun», sagte der Städtebundvertreter. Die Kassen gäben zurzeit nur 18 Cent pro Versichertem für Vorsorge aus. Dies müsse gesteigert werden, um die Kommunen etwa mit Infomaterial oder Filmen bei ihren Kampagnen zu unterstützen.
Als eine Ursache für das gestiegene Rauschtrinken bei Kindern und Jugendlichen benannten Bätzing und Landsberg unter anderem die schwindende Jugendarbeit der Kommunen. «Wenn ich vor Ort kein Jugendzentrum mehr habe, muss ich mich nicht wundern, dass die Jugendlichen mit dem Sixpack zum Bushäuschen ziehen», sagte die Drogenbeauftragte.
Landsberg erklärte, dass die Kommunen rechneten wegen der Wirtschaftskrise für das kommende Jahr mit hohen Steuerausfällen. Dies erschwere das Engagement weiter.
Testkäufe von Polizeischülern
Angesichts der drastisch gestiegenen Zahlen zum Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen mahnte die Drogenbeauftragte erneut zu einer strengeren Umsetzung des Jugendschutzes. Bätzing zufolge ist der Alkoholkonsum von Jugendlichen in den Jahren 2000 bis 2007 um 143 Prozent gestiegen. Erstmals tranken sich mehr junge Mädchen als Jungen in einen starken Rausch.
Landsberg forderte, Alkohol-Testkäufe von Jugendlichen zuzulassen, um zu überprüfen, ob an der Kasse ein Alternachweis verlangt werde. «Warum soll ein 17-jähriger Polizeischüler nicht solche Testkäufe machen dürfen», sagte Städtebundvertreter. In der Schweiz habe man mit dieser Methode positive Erfahrungen gesammelt. (ap)