Essen. . Die Zahl der Lehrkräfte hält mit der Zuwanderung nicht Schritt. Experten fordern mehr Investitionen von Bund und Ländern.

Mit einer Mahnung an die Politik endete die Jahrestagung des Fachverbandes für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der Uni Duisburg-Essen. Auf allen Ebenen, von der Schule über die obligatorischen Integrationskurse bis zum Berufs- oder Studieneinstieg, fehle es an qualifizierten Deutschlehrern für Migranten.

Die Herausforderungen seien gewaltig, so hätten im vergangenen Jahr gut 180.000 Menschen die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge durchlaufen, 270 Millionen Euro stellte die Bundesregierung dafür zur Verfügung. „In diesem Jahr ­erwarten wir knapp 300.000 Teilnehmer“, erläutert Amadeus Hempel vom Fachverband Deutsch als Fremdsprache (Fadaf). Demnach würden mindestens 100.000 zusätzliche Plätze benötigt sowie entsprechend viele Lehrer, „das ist eine dramatische Situation“, mahnt Hempel.

Ähnlich prekär sei die Lage an den Schulen: Bundesweit müssen in ­diesem Jahr voraussichtlich rund 300.000 Kinder und Jugendliche in das Schulsystem integriert werden. Allein in NRW rechnet Schulministerin Sylvia Löhrmann mit einer ­Verdoppelung der Zahl schulpflichtiger Flüchtlinge von 40.000 auf dann 80.000 Kinder. Im letzten und in diesem Jahr sollen daher mehr als 5700 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen werden – ein Großteil ­allein wegen der Flüchtlinge.

Es fehlt an Angeboten

Prof. Heike Roll vom Essener Institut Deutsch als Zweit- und Fremdsprache appellierte an Bund und Länder, langfristig in die Sprach­ausbildung zu investieren. „Die Ausbildung sollte als drittes Fach flächendeckend Teil aller Lehramts­studiengänge werden. Deutsch als Zweitsprache muss zudem als Schulfach etabliert werden, um eine durchgängige Sprachbildung zu ­erreichen, und zwar nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle, die eine andere Muttersprache haben.“

Auch an Grundschulen müsse ­dieses Fach verankert werden, meint Roll. All dies bedeute auch eine ­Erweiterung der Kapazitäten an den Hochschulen. An der Uni Duisburg-Essen müssten zwar bereits alle ­angehenden Lehrkräfte einen entsprechenden Kurs absolvieren. Roll: „Das ist wichtig, doch es reicht nicht, um in Vorbereitungsklassen unterrichten zu können.“

Christian Thimme vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) wies bei der Jahres­tagung auf ein weiteres Problem hin: „Schätzungsweise 30.000 bis 50.000 Flüchtlinge sind studierfähig. Sie ­fallen aber nach den Integrationskursen in eine Förderlücke.“ Es fehle schlicht an weitergehenden Sprachlernangeboten. Diese auch für die deutsche Wirtschaft interessanten Fachleute müssten in Beruf und ­Studium integriert werden, „ein Dach über dem Kopf reicht nicht“.