Essen. . Amtsleiter in Essen fordern mehr Stellen in den Behörden. Die Flüchtlingskrise bei laufendem Jobabbau bringe die Stadtverwaltung an ihre Grenzen.
- „Kämpferische Stimmung“ beim Jahrestreffen
- Verwaltung arbeite durch Jobabbau am Rande der Belastung
- Chef hoffen auf mehr neue Stellen als genehmigt
Die Lage in der Stadtverwaltung ist offenbar noch deutlich angespannter als angenommen. Dieser Tage schrieben die Amtsleiter einen Brandbrief an den Oberbürgermeister und die Dezernenten, in dem sie darauf hinweisen, dass „unsere Mitarbeiter heute vielfach am Rande der Belastbarkeit stehen“.
In dem Schreiben heißt es, dass der Flüchtlingszuzug die Stadt „vor die größten Herausforderungen seit Jahrzehnten“ stelle. Neben Unterbringung und Integration der Neuankömmlinge gehe es darum, die regulären Aufgaben so fortzuführen, dass „wir den sozialen Frieden sichern und eine lebenswerte Stadt für alle erhalten“. Man könne dies im Krisenmodus bewältigen, doch das bedeute „einen ständigen Drahtseilakt, der nicht langfristig von den Verwaltung ausbalanciert werden kann“. In dem Brief, den 33 der 41 Amtsleiter unterschrieben haben, heißt es: Bei allem Verständnis für die Haushaltskonsolidierung appelliere man, „die für die Bewältigung der Krise notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen“.
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Das Schreiben, das der Redaktion vorliegt, hat den Titel „Klausenhofer Erklärung“, weil es auf einer Klausurtagung der Amtsleiter in der Akademie Klausenhof Mitte Januar in Hamminkeln entstand. Während das jährliche Treffen sonst durch „Austausch und Atmosphärisches“ gekennzeichnet sei, habe diesmal eine „kämpferische Stimmung“ geherrscht, berichten Teilnehmer.
Im April Treffen mit dem OB
Wie groß die Verzweiflung ist, macht ein Hilferuf aus dem Ausländeramt deutlich, wo man sieben Monate auf einen Termin warten muss. Die Ungeduld der Wartenden schlage oft in Aggression um, sagen Mitarbeiter: „Wir haben Angst.“
Man darf also davon ausgehen, dass die 250 neuen Stellen, die Oberbürgermeister Thomas Kufen auf der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch ankündigte, nicht als ausreichende Antwort auf die Situation angesehen werden. Bei einer Abfrage durch Personaldezernent Christian Kromberg hatten die Ämter einen erheblich höheren Personalbedarf gemeldet. Der Dezernent gab demnach einen Bedarf von 400 Jobs an. Die 250 könnten also bestenfalls ein erster Schritt sein, heißt es bei Verantwortlichen im Rathaus. Zumal beinahe die Hälfte dieser Stellen im Jobcenter geschaffen und zu 85 Prozent aus Bundesmitteln finanziert werden. Dass die Stadt im Nachtragshaushalt nicht mehr Personal und Mittel bereitstelle, sei Sparen an der falschen Stelle.
Man müsse auch den für 2017 geplanten Haushaltsausgleich im Auge behalten, mahnt dagegen Kromberg. Er räumt aber ein, dass er „deutlich mehr als die 250 Kräfte“ angefordert hatte. „Ich bin mit dem Ergebnis nicht glücklich, aber zufrieden.“ Das Schreiben der Amtsleiter könne man nicht nur als „letzten Aufschrei der Verzweifelten“ werten, sondern auch als Zeichen einer neuen Unternehmenskultur: „Oberbürgermeister Thomas Kufen hat die Mitarbeiter ja ermutigt, ihre Sorgen zu artikulieren.“
Für April hat der OB ein persönliches Treffen mit den Amtsleitern angesetzt. Kufen wolle noch den Nachtragshaushalt abwarten und Gespräche mit der Bezirksregierung führen. Denn als Stärkungspakt-Kommune braucht Essen für größere Würfe grünes Licht aus Düsseldorf.