Berlin. Das Justizministerium plant, zusammen mit Facebook eine Task-Force einrichten. Ziel sei es, strafbare Aussagen schneller aus dem Netz zu entfernen.
Die aktuelle Debatte um die Flüchtlingspolitik hat gezeigt, dass Facebook inzwischen ein Tummelplatz für Neonazis und Rassisten ist. Sie kübeln in dem sozialen Netzwerk bislang oft ungehindert in deutscher Sprache ihre Hass-Parolen aus. Wer unangemessene Beiträge meldet, muss gelegentlich erleben, dass der üble Kommentar trotzdem online bleibt. Weil nicht nur Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) findet, dass das eigentlich nicht geht, hat er sich jetzt mit Vertretern von Facebook in Berlin getroffen.
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Das Ergebnis des zweistündigen Gesprächs? Das Justizministerium wird eine Arbeitsgruppe ("Task Force") gegen Hassbotschaften im Internet gründen, die Facebook mit einem "signifikanten finanziellen Beitrag" unterstützen wird. Doch den Facebook-Leuten ist es auch wichtig, sich von Maas nicht öffentlich maßregeln zu lassen.
Deshalb kündigt die Firmenleitung von Facebook-Deutschland zwei Stunden vor dem Termin mit Maas eine Partnerschaft mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) an. Außerdem soll eine eigene "Task-Force" zum Umgang mit Hass-Botschaften entstehen.
Facebook hält "diskutieren statt löschen" oft für den besseren Weg
Aus Sicht der Adressaten dieser Hass-Botschaften war dieser Schritt längst überfällig. Ob die Kritik an Facebook durch diese Maßnahmen ganz verstummen wird, ist allerdings noch offen. Denn das Unternehmen hält "diskutieren statt löschen" oft für den besseren Weg. Im Facebook-Jargon nennt sich das "Counter Speech" (Gegenrede). Debatten auf Facebook dürften auch in "robuster Diktion" geführt werden, heißt es.
Doch soll man wirklich auf Kommentare antworten, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen? Viele User fragen sich: Wo endet die Meinungsfreiheit, auf die sich Facebook gerne beruft und wo beginnt die rassistische Hetze? "Das, was da zum Teil gepostet wird, verstößt nicht nur gegen deutsches Recht, sondern auch gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook", sagt Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion.
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Und: "Da gibt es Leute, die beschreiben öffentlich ihre Folter- und Vergewaltigungsfantasien, das ist einfach unfassbar." Mehrere Abgeordnete seiner Fraktion haben wegen Hass-Parolen bei Facebook, die konkret gegen sie gerichtet waren, bereits Strafanzeige gestellt.
Hetze und Gewaltandrohungen bei Facebook treffen nicht nur Politiker, sondern auch Künstler wie den Schauspieler Til Schweiger, der sich für eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen hat. Selbst ehrenamtliche Helfer, die Schlafmatten für Asylbewerber zum Münchner Hauptbahnhof bringen, müssen mit verbalen Attacken rechnen.
Experte: vorgestellte Maßnahmen sind unzureichend
Fest steht auf jeden Fall, dass das Löschen der Hass-Botschaften nicht so einfach ist, wie das Herausfiltern von Kinderpornografie über Bilderkennungssoftware. Außerdem wird das Facebook bei rassistischen Hass-Parolen nicht von sich aus aktiv, sondern schreitet erst dann ein, wenn ein Inhalt von Usern beanstandet wird. Viel zu selten, wie der Kölner Medienanwalt Christian Solmecke findet.
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Er hält die von Facebook jetzt vorgestellten Maßnahmen für unzureichend. Solmecke sagt: "Das Netzwerk darf seine Verantwortung nicht auf die Nutzer übertragen." Sollte Facebook selbst nicht genug unternehmen, müssten seiner Ansicht nach "rechtliche Schritte" gegen das Netzwerk eingeleitet werden.
In den "Standards" von Facebook heißt es: "Wir entfernen explizite Inhalte, wenn sie zum sadistischen Vergnügen oder zum Verehren oder Verherrlichen von Gewalt geteilt werden." Außerdem lösche Facebook "sämtliche Hassbotschaften". Damit sind Inhalte gemeint, durch die Menschen aufgrund ihrer Rasse, Herkunft, Religionszugehörigkeit oder sexuellen Orientierung direkt angegriffen werden. So weit die Theorie. (Reuters/dpa)