Düsseldorf. Eine neue Panne sorgt für die Verschiebung der OB-Wahl in Köln, bringt die SPD in Bedrängnis und wird in Düsseldorf mit Spannung verfolgt.

Die Realität schreibt in Nordrhein-Westfalens einziger Millionenstadt Köln mittlerweile so bizarre Pointen, dass der rheinische Kabarettist Jürgen Becker jetzt nur noch entgeistert feststellen konnte: „Köln ist der Idiotenhügel der Kommunalpolitik.“

Die Oberbürgermeister-Wahl kann in der Domstadt nicht wie geplant am 13. September stattfinden, weil auf den 800 .000 Stimmzetteln der Name der Parteien groß und fett gedruckt wurde, jener der Kandidaten dagegen klein und fein. Der örtliche CDU-Vorsitzende Bernd Petelkau beschwerte sich bei Wahlleiterin Agnes Klein (SPD) über den „manipulativen Wahlzettel“. Er sah eine Benachteiligung von Sozialdezernentin Henriette Reker, die sich als gemeinsame parteilose Kandidatin von CDU, Grünen, FDP und Freien Wählern gute Siegchancen gegen SPD-Lokalmatador Jochen Ott ausrechnet.

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Nach einigem Hin und Her zwischen Rathaus und Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) stand fest: Die Layout-Vorgaben für die Stimmzettel wurden von der Stadtverwaltung tatsächlich missachtet, alle Wahlunterlagen müssen neu ausgegeben werden. Die bereits abgegebenen 55. 000 Briefwahlvoten sind ungültig, bis zum Fristablauf am 18. Oktober muss ein neuer Wahltag organisiert werden. Kosten des Chaos: Mindestens eine Million Euro.

Ruf als Narrenhaus der Nation

Es ist nicht der einzige Vorfall, der Kölns Ruf als Narrenhaus der Nation untermauert. Bei der Kommunalwahl 2014 wurden im Stadtteil Rodenkirchen die Briefwahlstimmen von SPD und CDU vertauscht, was Rot-Grün ein Jahr lang eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Stadtrat verschaffte. Erst auf richterliche Anordnung bequemte sich der damalige Wahlleiter Guido Kahlen (SPD), das Ergebnis neu auszuzählen – und zu korrigieren.

Debakel in Serie wie der Einsturz des Stadtarchivs, die U-Bahn-Dauerbaustelle oder die zuletzt planlose Verschiebung der Operneröffnung nähren schon länger den Verdacht, dass in der größten Stadtverwaltung des Landes dringend aufgeräumt werden müsste. Der sonst so heimattreue „Kölner Stadtanzeiger“ bilanzierte verbittert: „Der umstrittene Wahlschein ist Ausdruck eines ‘Systems Köln’, das andere für dumm verkauft, pingelig ist zulasten der Bürger und großzügig, wenn es um die eigenen Interessen geht.“

Kandidat rückt von eigener Partei ab

Der Kölner SPD-Chef, -Oberbürgermeisterkandidat und -Landtagsabgeordnete Ott muss fürchten, als Symbolfigur der Kölner Misere abgestraft zu werden. Am Donnerstag saß der eigentlich sehr freundliche Studienrat missmutig im Düsseldorfer Landtag. „Mir wird durch den Stimmzettel ein Vorteil unterstellt, den ich überhaupt nicht haben will“, schimpfte er.

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Ott ist um Distanz zu seiner eigenen Partei bemüht, die in Köln maßgeblich für den Politiküberdruss verantwortlich gemacht wird. Auf seinen Wahlplakaten verzichtet Ott sogar auf das Parteilogo. Es muss ihn wurmen, dass ausgerechnet die parteilose Dezernentin Reker, die selbst Mitglied der schlampigen Stadtverwaltung ist, als frische Antwort auf den Genossenklüngel gilt.

In Düsseldorf werden die Vorgänge mit Sorge verfolgt. CDU-Landeschef Armin Laschet hat aus der Peinlichkeit, in der Stadt Konrad Adenauers keinen eigenen Kandidaten aufbieten zu können, das Beste gemacht. Die Union versammelte sich leise hinter Reker und lenkte den Blick auf die SPD: Kann die Partei von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Führungsanspruch in der größten NRW-Stadt behaupten?

Kraft ist im Kölner Wahlkampf engagiert und schmetterte zuletzt Arm in Arm mit Ott den kölschen Klassiker „Echte Fründe“. In dem Lied von der Band „Höhner“ gibt es die schöne Zeile: „Echte Freunde stehen zusammen, ist auch Dein Glück unterwegs und läuft Dir fort.“