Tarifkonflikt in kommunalen Kitas birgt Härten für alle Seiten
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Hagen/Brilon/Warstein. . Nicht alle Erzieherinnen in Südwestfalen wollen beim nächsten möglichen Kita-Streik mitmachen. Aber eine Mehrheit hat gegen den Schlichterspruch votiert. Arbeitgeber bleiben vorerst hart.
Brunhilde Jabs will eigentlich gar nicht über den drohenden neuen Kita-Streik reden. „Ich kann das nicht mehr“ sagt die Leiterin des städtischen Kindergartens in Brilon-Altenbüren. „Unsere Einrichtung wird definitiv nicht mehr am Streik teilnehmen“, sagt die erfahrene Pädagogin dann. „Wir könnten den Kindern und den Eltern so nicht gerecht werden.“
Das ist die eine Seite. Erzieherinnen, die nicht mehr streiken wollen, die nicht mehr streiken können. Brunhilde Jabs ist seit 44 Jahren im Beruf, seit vielen Jahren auch Gewerkschaftsmitglied. Der Streik sei ihr und ihren Kolleginnen viel schwerer gefallen, als sie das vorher gedacht habe. „Mir ist es psychisch richtig an die Nieren gegangen“, sagt sie.
Die Mehrheit will kämpfen
Aber die Mehrheit der Erzieherinnen will weiterkämpfen. Sabine Weber-Rudolph von der Kinderoase Tondernstraße in Hagen sagt, sie habe „natürlich“ gegen den Schlichterspruch gestimmt. Ein Streik in den kommenden Woche finde sie nicht schön – „wir haben gerade Eingewöhnungsphase“ – aber mit dem Schlichterspruch war sie alles andere als zufrieden. „Aufgeben ist jetzt nicht mehr drin“, sagt sie und ruft dann noch ins Telefon: „Ich muss jetzt zu meinen Kindern.“
70 Prozent der Verdi-Mitglieder hatten den Schlichterspruch – er sieht Lohnerhöhungen zwischen 2 und 4,5 Prozent vor – in einer Mitgliederbefragung abgelehnt. Frank Bsirske, der Gewerkschaftsvorsitzende, sieht darin ein beispielloses Signal an Gewerkschaften und Arbeitgeber, noch einmal nachzuverhandeln. Dabei muss aus Sicht der Gewerkschaften ein ausreichender Schritt in Richtung Berufsaufwertung der bundesweit 240 000 kommunalen Erzieher erreicht werden. Offenbar fürchteten die Arbeitgeber aber einen „Übersprungeffekt“ auf andere unterbezahlte Berufsgruppen wie Alten- und Krankenpfleger, vermutet Bsirske gestern in Düsseldorf .
Aus Sicht des Verdi-Vorsitzenden handelt es sich bei der Tarifforderung nicht um einen normalen Tarifkonflikt. Ziel sei es, den traditionell unterbewerteten Erzieherberuf aufzuwerten, weil Anforderungen an die Beschäftigten seit Jahren gestiegen seien.
Die Mitglieder hätten den Schlichterspruch abgelehnt, weil die Laufzeit bis 2020 zu lang war, Sozialarbeiter weitgehend leer ausgegangen seien und die 62 Prozent Teilzeitkräfte unter den Erziehern gerade 30 Euro pro Monat mehr verdient hätten. „Die Mitglieder sagen: Jetzt sind wir dran“, sagte Bsirske. Das unterstützt auch Wolfgang Schlenke vom Verdi-Bezirk Hellweg-Hochsauerland: „Jetzt wird es wieder eine strittige Auseinandersetzung geben können“, sagt er.
„Bitter enttäuscht“
Die Städte zeigen sich erst einmal hilflos. „Wir können nur reagieren. Wir werden jetzt erstmal abwarten, was am Donnerstag passiert“, sagt etwa Franz Wiese, Leiter des zuständigen Fachbereiches Zentrale Dienste in Warstein. Die Wästerstadt hatte sich im Frühjahr besonders streikfreudig gezeigt; alle städtischen Kindertagesstätten blieben mehrere Wochen lang geschlossen. Ein solches Szenario droht jetzt wieder.
Eltern und Erzieher demonstrieren
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Zumindest Eltern und Kinder in Altenbüren bleiben wohl verschont. Kita-Leiterin Brunhilde Jabs glaubt, auch andernorts sei „die Luft etwas raus“. Was sich noch zeigen muss. Jabs ist auch mit der Streik-Taktik nicht zufrieden. „Die 10-Prozent-Forderung war nicht gut“, sagt sie. Es hätte mehr um Arbeitsbedingungen und Festverträge für junge Kolleginnen gehen sollen.
„Bitter enttäuscht“ seien viele Erzieherinnen und Sozialarbeiter allerdings auch von der „kompromisslosen Haltung“ der Arbeitgeber, heißt es bei den Gewerkschaften. Daran scheint sich im Moment wenig zu ändern. Die kommunalen Arbeitgeber lehnten es ab, ihr Angebot nachzubessern. Er sehe keine Luft nach oben, sagte der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle.
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