Verdi hat mehr als einmal zu hoch gepokert – und Lehrer, Postboten sowie nun die Erzieherinnen enttäuscht. Mit dem teuren Poststreik sollten ausgegliederte Kollegen zurück in den Tarif geholt werden – vergeblich.

Frank Bsirske hängt sein Verdi-Fähnchen in den Wind. Nun, da der Wind gedreht hat und ihm ins Gesicht bläst, dreht er sich eben mit. Da die Erzieherinnen ihm den als Maximum des Erreichbaren gepriesenen Schlichterspruch um die Ohren hauen, kann Bsirske gar nicht anders als sich an die Spitze der Unzufriedenen zu setzen. Schließlich will er bald als Chef der Gewerkschaft wiedergewählt werden.

Aus diesem Grund hat Bsirske in diesem Jahr rekordverdächtig viele Streikbewegungen angeführt – neben der obligatorischen im öffentlichen Dienst etwa bei der Post, der Postbank, im Einzelhandel, bei Amazon und im Erziehungsdienst. Die von Bsirske-Gegnern als Streikwut kritisierte harte Linie war in den vergangenen Jahren insofern erfolgreich, als dass sie Verdi viele neue Mitglieder und gute Abschlüsse bescherte. Umso bemerkenswerter, wie mäßig die Bilanz 2015 ausfällt.

Verdi hat mehr als einmal zu hoch gepokert – und Lehrer, Postboten sowie nun die Erzieherinnen enttäuscht. Mit dem teuren Poststreik sollten ausgegliederte Kollegen zurück in den Tarif geholt werden – vergeblich. Für die Erzieherinnen setzte Verdi weit weniger als die Hälfte ihrer Forderungen durch, nach Gewerkschafts-Einmaleins ein Desaster. Einen Hardliner wie Bsirske trifft das sehr. Umso härter gibt er sich nun vor den nächsten Kita-Streiks, die allerdings auf Oktober verlegt werden. Zum Risiko für seine Wiederwahl werden sie damit nicht mehr – die ist im September.