München. . Beate Zschäpe will drei ihrer Verteidiger loswerden, hat sie sogar angezeigt. Die Entscheidungen darüber stehen noch aus. Und der NSU-Prozess? Geht ganz normal weiter.

Der Mann, der im Fernsehen den „Tatort“-Kommissar gibt, hat sich ein grünes Käppi und eine Sonnenbrille aufgesetzt. Dennoch wird Axel Milberg schnell erkannt, als er sich in die Schlange vor den Schildern „NSU-Prozess“ einreiht. Aus „berufsbedingter Neugier“ sei er hier, sagt er sehr freundlich auf Nachfrage. Mehr mag er aber dazu nicht mitteilen.

Auch sonst ist an diesem Morgen so einiges los auf dem Platz vor dem Münchner Justizzentrum. Mehrere Kamerateams sind da, die Sprecherin des Oberlandesgerichtes gibt Interviews. Was denn nun die Strafanzeige von Beate Zschäpe gegen ihre drei ursprünglichen Verteidiger für Auswirkungen auf den Prozess habe? Nun, antwortet Andrea Titz, der Vorgang könne das Verhältnis zwischen der Hauptangeklagten und den Anwälten natürlich zusätzlich belasten. Aber das bleibe vorerst Spekulation.

Zschäpe wirft Anwälten vor, Schweigepflicht verletzt zu haben

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Zschäpe hatte vorige Woche Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm angezeigt. Sie sollen in Gesprächen mit Richter Manfred Götzl ihre anwaltliche Schweigepflicht verletzt haben. Darauf gründen auch die neuerlichen Anträge der Angeklagten, die drei von ihrem Mandat zu entbinden. Die Staatsanwaltschaft noch nicht entschieden, wie sie mit der Anzeige umgeht.

Spätestens in den letzten Wochen ist der juristische Supermarathon, der sich NSU-Prozess nennt, in Verruf geraten. Der Kampf, den die Hauptangeklagte Beate Zschäpe gegen ihr Anwälte führt, lässt die Verhandlung in der öffentlichen Meinung zur Farce verkommen.

Prozess ist schon weit fortgeschritten

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Dabei wird übersehen, dass der Prozess weit vorangeschritten ist. Alle dem NSU vorgeworfenen Kapitalverbrechen – die Morde, die Bombenattentate, die Banküberfälle – wurden ausführlich abgehandelt. Die Täterschaft von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, deren gemeinsamer Selbstmord im November 2011 die Ermittlungen gegen den NSU ins Rollen brachten, erscheint in den meisten Fällen durch zahllose Indizien belegt.

Fingerabdrücke, Zeugenaussagen, Blutspuren an der Kleidung, Aufnahmen von Überwachungskameras, Karten mit markierten Zielen, Dateien, Tatwaffen, Projektile, das Bekennervideo in verschiedenen Versionen: Man muss schon ein Verschwörungstheoretiker sein, um nicht die überwältigende Beweisflut zur Kenntnis zu nehmen.

Zschäpe auf Augenhöhe mit anderen NSU-Mitgliedern

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Auch die Wertung der Anklage, dass Zschäpe Mittäterin war, wirkt zumindest nachvollziehbar – auch wenn sie nicht direkt mit Taten und Tatorten in Verbindung zu bringen ist. Nachbarn, Urlaubsbekanntschaften, aber auch ihre Mitangeklagten sagten aus, dass sie gleichberechtigtes Mitglied der Gruppe war. Sie verwaltete die Kasse, führte die Beziehungen nach außen, sorgte für die Tarnung. Erst kürzlich wurde bekannt, dass sie im Nachgang der Morde gezielt im Internet nach Berichten über die Taten suchte.

Schon in der Zeit vor der Flucht befand Zschäpe sich mit den beiden Männern auf Augenhöhe – und beteiligte sich mutmaßlich an Taten. Jüngst offenbarte ein Ex-Neonazi aus Jena, dass Zschäpe dabei war, als Böhnhardt und Mundlos eine Puppe mit Judenstern an einer Autobahnbrücke aufhängten.

Brand in Zwickau gelegt

Zudem kann an dem Verdacht, dass die Frau den Brand in ihrer letzten Wohnung in Zwickau legte, kaum ein begründeter Zweifel bestehen. Die Erkenntnisse der Ermittler und die Aussagen der Zeugen sind da sehr einhellig.

Dasselbe gilt für die Unterstützung des NSU durch die anderen Angeklagten, die zum Teil geständig sind. So hat Carsten S. eingeräumt, die Ceska-Pistole besorgt zu haben, mit der neun der zehn Morde begangen wurden. Damit belastete er auch seinen Mitangeklagten Ralf Wohlleben schwer, in dessen Auftrag er gehandelt haben soll.