Berlin. . Alles richtig gemacht: Angela Merkel hat am Sonntag bei ihrem Sommerinterview mit der ARD keine Makel sehen wollen - und hält auch zu Schäuble.

Sie hat alles richtig gemacht – bei den Griechen, im Streit mit ihrem Finanzminister und sogar bei der Begegnung mit dem palästinensischen Flüchtlingsmädchen Reem, das aus Angst vor Abschiebung bei einem Treffen mit Angela Merkel weinen musste: Die Bundeskanzlerin lässt alle Kritik an sich abtropfen. Beim Sommerinterview der ARD sitzt am Sonntagabend eine Frau, die nach einer harten Arbeitswoche mit sich im Reinen ist.

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Soll SPD-Chef Sigmar Gabriel ruhig von einem „Riesenkonflikt“ zwischen der Kanzlerin und ihrem Finanzminister sprechen – egal. Soll Wolfgang Schäuble ruhig öffentlich über einen Rücktritt als persönliche Exit-Strategie im Griechenlandstreit nachdenken – da lächelt sie nur. Soll ruhig ein Fünftel der Unionsleute ihr die Gefolgschaft verweigern – damit kann sie leben. „Wir haben ein gemeinsames Ergebnis“, sagt sie und lächelt noch breiter: „Bei mir war niemand und hat um seine Entlassung gebeten.“ Sie will keine Paaranalyse für sich und Wolfgang Schäuble betreiben, sie will auch keine Koalitionskrise sehen. Schwamm drüber. „Jetzt gucken wir mal nach vorne.“

Bei Griechenland wird "hart verhandelt"

Doch was, wenn die griechische Regierung nicht mitspielt? Gibt es einen Plan B? „Ich spekuliere nicht“, sagt Merkel. Schon gar nicht über Austrittsoptionen. Das heißt: Schluss mit der Grexit-Debatte. „Wir werden hart verhandeln.“

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Besonders optimistisch ist sie allerdings nicht: Anders als bei anderen Krisenländern der Europäischen Union, wo das Wirtschaftswachstum wieder anziehe, sehe sie bei Griechenland solche Hoffnungszeichen im Augenblick „gerade wieder gar nicht“. Ein Schuldenschnitt komme jedoch zum jetzigen Zeitpunkt rein rechtlich nicht infrage – „den kann es in der Währungsunion nicht geben“.

"Was getan werden muss"

Eiskalt, knallhart – das Bild der deutschen Kanzlerin ist in den letzten Wochen und Monaten nicht gerade lieblicher geworden. Ob sie das anfrisst? Sie zuckt die Achseln. „Ich tue, was ich glaube, was getan werden muss.“ Ihr Ziel: Die Glaubwürdigkeit der Europäischen Gemeinschaft und das Vertrauen in Europa zu erhalten. „Es gibt Momente, da geht’s nicht um Beliebtheit und Schönheitspreise.“

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Von Wilfried Goebels und Walter Bau

Mit Blick auf die letzten Jahre sieht sie ihre Politik bestätigt: Von einer europäischen Krise will sie nichts wissen: „Der europäische Raum ist robuster geworden.“ Die EU-Länder hätten die globale Finanzkrise gut gemeistert. „Das ermutigt mich“, so Merkel.

Siegen will die Union wieder mit Merkel

Sie weiß: Die Woche war nicht leicht, vor allem nicht für ihre eigenen Leute. Grundsätzlich aber kann sich in der Union aktuell kaum jemand eine andere Kanzlerin vorstellen. Horst Seehofer gab dazu am Wochenende schon mal die passende Parole für die Bundestagswahl 2017 aus: Siegen werde die Union „nur mit ihr“.

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Gut, die Sache mit Reem in Rostock hätte besser laufen können. Merkel hat kein Showtalent, sie ist keine Politikerin, die gezielt Gefühle anknipsen kann, wenn es nützlich wäre. Und es ist genau diese Nüchternheit, die ihr am letzten Mittwoch viele übelnahmen, als sie das palästinensische Flüchtlingsmädchen Reem aufmuntern wollte, als es bei einem Bürgerdialog mit der Kanzlerin zu weinen begann, weil seine Lage so trostlos scheint.

Doch Merkel ist auch hier mit sich im Reinen: Es sei nicht gut zu sagen: „Weil du jetzt gerade die Bundeskanzlerin getroffen hast, ist dein Schicksal schneller zu lösen als das von vielen, vielen anderen.“ Sie würde das beim nächsten Mal kaum anders machen: „Ich glaube, dass das okay war.“ Ob sie sich über die Welle von Kritik, Häme und Spott geärgert habe? „Warum soll ich mich ärgern? Ich habe Probleme zu lösen.“