Berlin. . Der Bundestag stimmt in einer Sondersitzung über neue Verhandlungen mit Griechenland ab. Eine Mehrgeit gilt als sicher - aber der Widerstand wächst.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Sparauflagen für Griechenland verteidigt. Sie seien "hart", ein solches Papier habe es "in der Geschichte der Eurorettung noch nicht gegeben". Europa sei zu den Konditionen berechtigt gewesen, weil es bei den Hilfen für Griechenland um beträchtliche Summen gehe, sagte Merkel am Donnerstag vor der Unions-Fraktion. Nach Teilnehmerangaben fügte sie hinzu, man brauche "kein schlechtes Gewissen" zu haben. Die griechische Linksregierung hat nach Merkels Einschätzung versucht, die bisherige Sparpolitik zu zerschlagen: "Das war eine Kampfansage." Doch habe die Regierung Tsipras damit keinen Erfolg gehabt.
Im Bundestag zeichnet sich derweil für die Abstimmung am Freitag eine breite Mehrheit für Verhandlungen mit Griechenland ab, auch in der Union. Kritische Abgeordnete wie Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) machten aber klar, dass für sie - anders als für die SPD - ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro-Raum weiterhin eine Option bleiben müsse.
48 Unions-Abgeordnete wollen mit "Nein" stimmen
Die Unionsfraktion hat am Vorabend der Sondersitzung des Bundestags zu geplanten Griechenland-Finanzhilfen in stundenlanger Beratung um einen einheitlichen Kurs gerungen. Bei CDU- und CSU-Abgeordneten herrscht erheblicher Unmut über den Kompromiss, dem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) beim Euro-Gipfel am Montag zugestimmt hatten.
48 Abgeordnete kündigten nach mehr als fünfstündigen Beratungen am späten Donnerstagabend an, in der Sondersitzung des Bundestag am Freitag gegen die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Athen zu stimmen. Drei enthielten sich. Die Fraktion hat 311 der 631 Sitze. Am Donnerstagabend waren in etwa 275 CDU- und CSU-Parlamentarier da.
Vielleicht überlegt es sich der eine oder die andere noch anders. Jedenfalls werde mit einigen Nein-Sagern noch gesprochen, verlautete aus der Fraktion. Dennoch: Das Signal an Merkel und Schäuble ist eindeutig: Der Rückhalt für ihren Griechenland-Kurs schwindet - auch wenn es insgesamt ein klares Ja des Bundestags für den in einem 17-stündigen Euro-Gipfel erkämpften Plan geben wird.
SPD will weitgehend für Verhandlungen stimmen
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Alle anderen Fraktionen hatten bis zum Donnerstagabend ihre Meinungsbildung abgeschlossen. Die SPD will weitgehend für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Athen stimmen. Bei einer Abstimmung in einer Sondersitzung der Fraktion am Donnerstagabend gab es nur zwei Gegenstimmen und keine Enthaltungen. Einer der Gegner neuer Verhandlungen mit Griechenland ist der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Seiner Ansicht würden weitere Milliardenhilfen nichts an der wirtschaftlichen Gesamtlage Griechenlands ändern. Die weitere Gegenstimme kam vom SPD-Abgeordneten Thomas Jurk.
Die Grünen unterstützen ein Hilfspaket, wollen sich aber dennoch mehrheitlich enthalten. Die Linke ist weitgehend dagegen. Fraktionschef Gregor Gysi nannte Schäubles Politik "antisozial, antidemokratisch und antieuropäisch".
Schäuble hält Hilfspaket für zweitbeste Lösung
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rief am Donnerstag die Abgeordneten dazu auf, den Reformweg zu gehen und am Freitag im Bundestag ein Mandat für Verhandlungen mit Griechenland zu beschließen. Dabei hält Schäuble das Hilfspaket offenbar nur für die zweitbeste Lösung. Ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Euro-Raum wäre "der bessere Weg", sagte er im Deutschlandfunk. Dann hätte man dem Land mit einem Schuldenschnitt entgegenkommen können, erläuterte er.
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Mit seinem Plädoyer für einen "Grexit" auf Zeit hat Schäuble den Koalitionspartner SPD jedoch irritiert. Ihr haushaltspolitischer Sprecher Johannes Kahrs sagte, "das ist langsam ein sehr unanständiges Spiel, das er da treibt". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte vom Finanzminister, sich von "seinem Plan B zu verabschieden". EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nennt Schäubles Vorstoß "sehr überraschend". Auch Jeroen Dijsselbloem, Chef der Eurogruppe, zeigte sich erstaunt. "Man muss hinter dem stehen, was man ausgehandelt hat - und das gilt für alle", sagte Dijsselbloem am Donnerstagabend am Rande seines Besuchs in der SPD-Fraktion.
Mehrheit für Griechenland-Paket ist wohl Formsache
Nachdem das griechische Parlament in der Nacht zum Donnerstag die ersten Spar- und Reformmaßnahmen auf den Weg gebracht hat (Schäuble: "ein wichtiger Schritt"), stimmten die Euro-Finanzminister derweil einem Hilfsprogramm im Grundsatz zu. (mit dpa)