Athen. Griechenlands Ministerpräsident Tsipras drohte mit Rücktritt, sollte er nicht die Zustimmung seiner Koalition erhalten. Das Ergebnis dürfte für ihn ernüchternd sein.
Nach stundenlanger Debatte hat das griechische Parlament von den internationalen Gläubigern verlangte Spar- und Reformmaßnahmen gebilligt. 229 Abgeordnete stimmten am frühen Donnerstagmorgen im 300 Sitze umfassenden Parlament für das Gesetzespaket. 64 votierten dagegen, es gab sechs Enthaltungen, wie das Parlamentspräsidium mitteilte.
Die Koalition von Ministerpräsident Alexis Tsipras war auf Stimmen der Opposition angewiesen und verlor deutlich die Regierungsmehrheit. Tsipras hatte unmittelbar vor dem Votum mit Rücktritt gedroht, sollte er die Mehrheit verlieren. Nach der Abstimmung äußerte er sich zunächst nicht.
Die angenommenen Gesetze sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und die Einleitung einer Rentenreform vor. Die Staats- und Regierungschefs der Euroländer hatten die Billigung im Eilverfahren zur Bedingung dafür gemacht, dass die Kreditgeber mit der Regierung in Athen über neue Finanzhilfen verhandeln. Neue Milliardenkredite könnten dann im Gegenzug für strenge Auflagen über den Euro-Rettungsfonds ESM an das pleitebedrohte Land fließen.
Syriza-Abgeordnete stimmten gegen das Sparprogramm
32 Abgeordnete der regierenden Linkspartei Syriza votierten gegen das Sparprogramm, 6 enthielten sich der Stimme, wie der griechische Rundfunk berichtete. Das Regierungsbündnis aus Syriza und rechtspopulistischer Anel umfasst 162 Abgeordnete, die Mehrheit im Parlament liegt bei 151 Parlamentariern.
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Debatte und Abstimmung verzögerten sich erheblich. Ursprünglich war bereits gegen 23.00 Uhr MESZ ein Ergebnis erwartet worden. Das Resultat lag etwa zwei Stunden später vor.
Die Euro-Länderchefs hatten sich am Montagmorgen nach hartem, mehr als 17-stündigem Ringen auf Bedingungen für das Hilfspaket verständigt. Der Umfang der weiteren Hilfe für Athen könnte bis zu 86 Milliarden Euro umfassen, wenn die Bedingungen vorher erfüllt werden.
Stopp aller Frühverrentungen in Griechenland
Das vier Milliarden Euro schwere Sparpaket, für das sich Tsipras trotz eigener Vorbehalte am Dienstagabend in einem TV-Interview stark gemacht hatte, umfasst vor allem höhere Mehrwertsteuern und Zusatzabgaben für Freiberufler sowie Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten. Ebenfalls enthalten: ein nahezu vollständiger Stopp aller Frühverrentungen.
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Tsipras erklärte im Parlament, er sei von den Gläubigern erpresst worden, das Sparprogramm zu akzeptieren. Er habe keine andere Wahl gehabt, als dem zuzustimmen.
Über ein neues Hilfspaket für Athen müssen noch mehrere Parlamente in anderen Euroländern abstimmen. In Deutschland ist sogar die Zustimmung des Bundestags zur Aufnahme von Verhandlungen nötig. Das Parlament stimmt voraussichtlich am Freitag darüber ab.
Frankreich stimmt Deal mit Griechen zu
In Frankreich sprachen sich Nationalversammlung und Senat am Mittwoch jeweils mit großer Mehrheit für den in Brüssel vereinbarten Plan der Eurostaaten aus. Es war damit das erste Parlament, das dem Deal zustimmte. Die Abstimmung war anders als in Deutschland keine Pflicht für den Beginn der Verhandlungen, sondern auf Wunsch der sozialistischen Regierung angesetzt worden.
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Um Athens laufenden Finanzbedarf bis zum Start eines möglichen ESM-Programms zu decken, schlug die EU-Kommission einen Überbrückungskredit vor. Diese kurzfristige Nothilfe in Höhe von sieben Milliarden Euro soll eine Laufzeit von drei Monaten haben und aus einem schon länger bestehenden Rettungstopf aller EU-Staaten (EFSM) kommen. Weil sich einige Beitraggeber wie Großbritannien, Schweden und Tschechien "große Sorgen" um ihr Geld machen, verhandelt die EU-Kommission nach eigenen Angaben noch über Garantien für einen möglichen Zahlungsausfall.
Zahlungsrückstand beim Internationalen Währungsfonds
Bis Mitte August benötigt Griechenland rund zwölf Milliarden Euro, um laufende Rechnungen zu begleichen und fällige Kredite abzulösen. Schon am Montag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen, beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Regierung ohnehin im Zahlungsrückstand. Ohne Rückzahlung müsste die EZB ihre Notkredite für Griechenlands Banken einstellen, das labile Finanzsystem des Landes würde dann wohl endgültig kollabieren.