Washington. . Eine Übereinkunft mit Teheran wäre für den US-Präsidenten ein riesiger Erfolg. Bis Dienstag sollen die Details der Grundsatzeinigung stehen. Doch von Durchbruch kann keine Rede sein.

Seine Gesundheits­reform hat endgültig den Segen der Obersten Richter Amerikas. Ebenso die von ihm unterstützte Homo-Ehe. Die Arbeitslosenquote ist so niedrig wie seit sieben Jahren nicht. Und beim Trauergottesdienst nach dem Kirchen-Massaker von Charleston machte Barack Obama eine so beeindruckende Figur, dass die Umfragewerte des ersten Schwarzen im Weißen Haus neue Höhen erreichten.

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Am Dienstag könnte die friedliche ­Beilegung des seit über zehn Jahren schwelenden Streits mit dem Iran über die Nutzung der Atom-Technologie die vorläufige Krönung für den US-Präsidenten bedeuten. Oder einen massiven Rückschlag.

Im Wiener Verhandlungspoker, in dem Teheran und die Gegenseite (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, Amerika, Deutschland) bis zum 7. Juli das Grundsatzabkommen aus April im Detail auf Unterschriftsreife bringen wollen, meldeten beide Seiten nur den ­„Willen zur Einigung“. Von einem „Durchbruch“, so Großbritanniens Außenminister Philip Hammond, könne aber noch keine Rede sein.

Angst vor dem Gesichtsverlust?

Die Knackpunkte auf dem Weg zu einem Iran, der sich dazu verpflichtet, vom Bau der Atombombe dauerhaft Abstand zu nehmen und dafür im Gegenzug von den Sanktionen des Westens befreit wird, klingen vertraut: Teheran will nicht, dass Kontrolleure der Internatio­nalen Atomenergiebehörde (IAEA) jederzeit unangemeldet alle Atom-Anlagen, aber auch militärische Stützpunkte überprüfen können.

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Befragungen iranischer Wissenschaftler, um die konzeptionelle Handschrift des bisherigen Atom-Programms nachträglich auszuleuchten, hat Religionsführer Ajatollah Khamenei ebenfalls als unzumutbar zurückgewiesen. Westliche Verhandler vermuten dahinter die „Angst vor dem Gesichtsverlust“. Bislang streitet der Iran ab, jemals nach der Atombombe gegriffen zu haben. Würde sich das nachweisbar als Lüge herausstellen, käme Teherans Glaubwürdigkeit unter Druck.

Teheran hofft auf Ende der Sanktionen

Die USA erhoffen sich darum von IAEA-Chef Yukiya Amano „ver­trauensbildendes Verhandlungs­geschick, das Teheran umstimmt.“ Der Japaner sprach gestern von einem „besseren Verständnis“, das beide Seiten erzielt hätten, aber noch sei „viel Arbeit zu leisten“. Strittig ist auch der Zeitpunkt der Aufhebung der Sanktionen, die Irans Volkswirtschaft von den Banken bis zur Ölindustrie einschnüren.

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Teheran verlangt das Ende des Straf-Regimes mit der Unterzeichnung eines Atom-Vertrags. Washington bremst. „Wir müssen erst erkennen können, dass der Iran den Geist des Vertrages nachprüfbar mit ­Leben füllt“, sagt ein Mitarbeiter des Außenministeriums. Verstieße der Iran gegen die Auflagen, würden die Sanktionen sofort wieder aktiviert.

30 Tage Zeit zur Prüfung

Dass Ajatollah Khamenei seinem Team um Außenminister Mohammad Sarif auch rote Linien bei der vom Westen verlangten grundsätzlichen Beschränkung der iranischen Nuklearforschung mit auf den Weg gegeben hat, kompliziert die Sache. Und die Zeit in Wien läuft ab.

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Per Gesetz hat der US-Kongress beschlossen, dass Obama bis Donnerstag (9. Juli) einen abstimmungsreifen Vertrag mit dem Iran vorlegen muss. Danach haben beide Parlamentskammern 30 Tage Zeit zur Prüfung. Dass die Republikaner ­dagegen sein werden, ist absehbar. Sie erkennen schon heute zu viel Entgegenkommen in dem Projekt. „Ich habe größte Bedenken“, sagt der einflussreiche Senator Bob ­Corker.

Wackelkandidaten in der eigenen Partei

Ein „Nein“ der Republi­kaner könnte Obama trotzdem durch sein Veto neutralisieren und so einen Deal mit dem Iran besiegeln. Es sei denn, die Konservativen brechen mindestens 56 Demokraten aus der Obama-Front heraus und überstimmen den Präsidenten. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Wichtige Demokraten wie Senator Robert Menendez glauben wie der israelische Premierminister Netanjahu, dass Obamas Kompromisslinie zu viele Konzessionen enthält und die Mullahs auf ihrem Weg zur Bombe eher stärkt als schwächt.

Käme ein Wiener Vertragspaket erst nach dem 9. Juli zurück nach Washington, verlängert sich die Zeit zur parlamentarischen Debatte auf 60 Tage. In dieser Phase hinge alles in der Warteschleife. „Das Risiko wäre groß, dass ein Kompromiss zerredet würde“, heißt es in der ­Washingtoner Denkfabrik Cato.