Washington. Der Kompromiss von Lausanne ist ein hart errungener, erstaunlich detailreicher diplomatischer Interims-Erfolg. Was er wert ist, zeigt sich später.
Es gibt entschieden schlechtere politische Botschaften zu Ostern als diese: In dem seit weit über zehn Jahren schwelenden Atom-Streit mit dem Iran ist das Fundament für eine Lösung gegossen, die sich aus Mitteln der Vernunft speist.
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Ob es trägt? Abwarten. Erst wenn der absichtserklärende Charakter der Vereinbarungen von Lausanne in unterschriftsreife, strafbewehrte Details überführt wird, kommt es zum Schwur. Zwischen gut gemeint und gut gemacht liegt solange das Niemandsland des Zweifels. Und kein Vertun: Würde die Hürde genommen, fängt die Arbeit erst richtig an.
Sprich die Transformation potenziell „böser“, waffenfähiger Atomanlagen im Iran in „gute“, die ausschließlich zivilen Zielen bei der Energieversorgung oder in der Medizin dienen. Und damit einhergehend die schrittweise Re-Integration des Iran in die Weltwirtschaft - zu bewerkstelligen durch das Liften der gegen Teheran verhängten Wirtschaftssanktionen auf Grundlage einer neuen UN-Resolution.
Verzicht auf Trickserei ist Maß aller Dinge
Dass hier lückenlose Überprüfbarkeit und der Verzicht auf jede Trickserei das Maß aller Dinge sein muss, erklärt sich von selbst. Genauso wie hartes Zur-Rechenschaft-ziehen, falls der Iran vertragsbrüchig wird. Sanktionen wieder zu reaktivieren, dieses Druckmittel bleibt unverzichtbar.
Das Ergebnis vom Genfer See ist ein hart errungener, erstaunlich detailreicher diplomatischer Interims-Erfolg, mit dem angesichts der von Misstrauen und Hass geprägten Vorgeschichte zwischen Teheran und Washington nicht zu rechnen war. Beide Seiten haben sich bewegt. Die USA mehr als der Iran wie es scheint. Aber niemand hat sein Gesicht verloren.
Ein Händedruck als Wendepunkt
Als Präsident Obama und sein Gegenüber Ruhani im Herbst 2013 durch einen flüchtigen Händedruck bei den Vereinten Nationen das seit dem Sturz des Schahs wechselseitig praktizierte Ignorieren beendeten, konnte davon nicht einmal geträumt werden.
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Die Annäherung macht Erzfeinde aber nicht über Nacht zu Partnern. Dazu ist der Iran weltweit viel zu sehr brandstifterisch unterwegs. Dazu sind die Mullahs die treibende Kraft in einem nichts als Leid und Elend erzeugenden Kampf mit Riad um die Deutungshoheit im Islam. Aber Lausanne ist ein Anfang. Der Iran ist eine unheimliche Regionalmacht, die trotz Sanktionen immer stärker geworden ist. Solche Feinde kann man durch Einbinden einhegen. Vielleicht. Durch Ausgrenzung nie.
Selbst wenn man die bisher bekannten Details des Atom-Deals in spe noch unter Zentral-Vorbehalt stellen muss, bleibt zu sagen: Die Schar der Kritiker, ob in Israel, in Saudi-Arabien oder im Kongress von Washington, haben es ab sofort einigermaßen schwer.
Gefährliche Infrastruktur wird entschärft
Der Iran stellt seine gesamte Nuklear-Landschaft unter internationale Kuratel, entschärft gefährliche Infrastruktur, lagert Treibstoff für die potenzielle Bombe aus, baut zur Freude westlicher Konzerne (auch in Deutschland) Anlagen zurück oder um und macht sich an breiter Front waffenunfähig. Und das unter dem Strich über ein Vierteljahrhundert lang. So der Plan. Ein guter Plan.
Wer diese Laufzeit als zu kurz und den Grad der Eindämmung des atomaren Risikos als zu schwach verunglimpft, wer blind nach weiteren Wirtschaftssanktionen schreit und eine militärische Eskalation im Mittleren Osten vorzieht, die mit der Bombardierung iranischer Atom-Anlagen zweifelsohne verbunden wäre, handelt verantwortungslos.
Obama ist bereit, Teheran auch?
In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob die aus Daffke Obama-feindlichen Republikaner noch Restbestände von weltpolitischem Format besitzen und aus den schlimmen Fehlern der Ära Bush gelernt haben. Oder ob es sich um einen hochmütigen Verein von beratungsresistenten Radikalinskis handelt, die für jedes Problem nur eine Lösung kennen: wegbomben. Die Chance ist da. Schon der nächste US-Präsident würde ab 2017 viel mehr Instrumente zur Hand haben, falls es bis Ende Juni zu einem endgültigen Vertrag kommt.
Bis dahin wartet noch ein langer Weg. Es wird Rückschläge, Spiegelfechtereien, Missverständnisse, Nachjustierungen, Störmanöver und jede Menge Streit um Semantik geben. Wie bei allen großen internationalen Verträgen. Auch ein Scheitern ist nicht ausgeschlossen. Entscheidend wird das Rückgrat und die Ausdauer der wichtigsten Beteiligten sein. Treten sie den Beweis an, dass Groß-Konflikte im 21. Jahrhundert auf eine Weise moderiert und gelöst werden können, in der kein Blut fließt und an der Rüstungskonzerne nicht mitverdienen?
Obama ist bereit dazu. Teheran - hoffentlich - auch.