Brüssel/Athen. Geldgeber und Athen nähern sich beim Reformpaket an. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Die Zeit drängt: Es stehen milliardenschwere Rückzahlungen an.

Die Euro-Finanzminister beraten am Montag in Brüssel wieder einmal über Griechenland. Wie beim Treffen in Riga Ende April ist eine endgültige Entscheidung über das Reformpaket aber nicht zu erwarten.

Die Regierung des linken Premiers Alexis Tsipras ist seit dreieinhalb Monaten im Amt. Warum dauern die Verhandlungen mit den Geldgebern solange?

Wochenlang wurde gesprochen, ohne dass das es Ergebnisse gab. Als Tsipras nach dem misslungenen Treffen in Riga den Chefunterhändler austauschte, kam neuer Schwung in die Gespräche mit den Vertretern der Geldgeber. Diplomaten berichten von "bedeutenden Annäherungen". Athen ist inzwischen auch zu harten Sparmaßnahmen bereit.

Wo gibt es diese Annäherungen?

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Eine umstrittene Immobiliensteuer soll laut Informationen aus Athen bleiben. Allein von dieser Steuer, die eigentlich zurückgenommen werden sollte, erhofft sich die Regierung im laufenden Jahr mehr als 2,5 Milliarden Euro Einnahmen. Zudem sollen Großverdiener härter besteuert werden.

Im Visier ist auch der Tourismus: Im Gespräch ist, auf 22 der wichtigsten Ägäis-Inseln eine bis zu fünf Euro hohe Sondersteuer je Übernachtung zu erheben. Erwogen wird zudem eine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer mit einem Höchstsatz in der Spanne von 15 bis 18 Prozent. Tsipras soll auch bereit sein, auf die im Wahlkampf versprochene 13. Zahlung für niedrige Renten zu verzichten sowie über das bisherige Tabu-Thema Rentenreform zu verhandeln. Unter anderem könnten das Rentenalter erhöht und einige Renten gekürzt werde.

Wo hakt es?

In Brüssel wird bemängelt, dass in Athen nicht mit den Gläubigern abgestimmte Gesetze verabschiedet werden. Dabei geht es beispielsweise um die Wiedereinstellung von Beamten. "Es passt eben alles noch nicht zusammen", resümiert ein EU-Diplomat.

Das Geld in Athen wird knapp. Haben die Geldgeber einen kompletten Überblick?

Auf die Frage nach der angespannten Liquiditätslage antwortet ein Verantwortlicher der Eurozone, der ungenannt bleiben will, nur mit dem lakonischen Satz: "Fragen Sie doch bitte die griechische Regierung." Es ist klar, dass das Geld in Athen zusammengekratzt wird und dass bald eine Vereinbarung nötig ist, damit blockierte Hilfen von 7,2 Milliarden Euro fließen können.

Welche Zahlungen stehen an?

Griechenland muss laut Angaben aus Athen an diesem Dienstag (12. Mai) Schulden an den Internationalen Währungsfonds (IWF) von gut 756 Millionen Euro zurückzahlen. Am 15. Mai müssen kurzfristige Schuldtitel von mehr als 1,4 Milliarden Euro refinanziert werden.

Ist die Schuldenlast in Griechenland überhaupt tragbar?

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Die Griechen sagen selbst, dass sie nicht tragbar sei. Im Wahlkampf war von einem Schuldenschnitt die Rede gewesen. Inzwischen heißt es, die Regierung setze das Thema derzeit nicht auf die Tagesordnung. Die EU-Kommission erwartet für das laufende Jahr eine Rekord-Schuldenstandsquote von 180 Prozent der Wirtschaftsleistung, das sind 10 Punkte mehr als vorher erwartet. Erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent.

Das Thema Schulden sorgt auch für Dissens unter den Geldgebern?

Offiziell wird das nicht bestätigt, aber es ist klar, dass der IWF wegen seiner Regeln bei der sogenannten Schuldentragfähigkeit einen harten Kurs fährt. Es geht darum, ob ein Land seine Schulden zurückzahlen kann. Bei der Vereinbarung für das zweite Hilfspaket für Griechenland war vereinbart worden, dass die Schuldenquote bis 2022 auf unter 110 Prozent sinken soll. Das scheint heute nicht mehr erreichbar.

Immer wieder ist von einem dritten Hilfsprogramm die Rede? Gibt es dazu etwas Konkretes?

Darüber wurde in der Eurogruppe bisher nicht gesprochen, berichten Diplomaten übereinstimmend. "Erst einmal muss das zweite, bis Ende Juni verlängerte Programm abgeschlossen werden", lautet die Ansage. Es war darüber spekuliert worden, dass etwa 30 bis 50 Milliarden Euro für ein drittes Programm in die Hand genommen werden müssten. (dpa)