Köln. Wenn Kitas während der Streiks schließen, spart eine Seite Geld, andere müssen bezahlen. Eine große Ruhrgebiets-Kommune überlegt, ob sie Kinder bei anderen Trägern unterbringt.

Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen können während der Kita-Streiks mit Gehaltseinsparungen in Millionenhöhe rechnen. Die Stadt Köln würde täglich 500.000 Euro sparen, wenn alle 4000 Erzieher streiken würden, berichtete der "Kölner Stadt-Anzeiger" am Donnerstag. Ungeklärt ist die Frage, ob Eltern Rückzahlungen bekommen. Das wird voraussichtlich jede Kommune für sich entscheiden. Die Gewerkschaften müssen ihrerseits Streikgeld zahlen. Verdi NRW in Düsseldorf gibt die Höhe mit Dreiviertel des Nettolohns an.

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Verdi geht davon aus, dass von Montag an 10.000 Erzieher und Beschäftigte in sozialen Diensten in NRW streiken und 1000 Kitas geschlossen sind. Auch bei den sozialen Diensten soll es Ausfälle geben. Weitere Kitas, vor allem im ländlichen Raum, könnten später den Druck erhöhen.

Verhandlung über Notgruppen während Kita-Streik

Für Härtefälle wie alleinerziehende, berufstätige Mütter, die ihre Kinder nicht zu Großeltern geben können, wollen Kommunen und Gewerkschaften für eine Unterbringung in Notgruppen sorgen. Ein Wechsel in eine Kita anderer Träger wie der Awo oder der Kirche ist kaum möglich. Der Awo-Unterbezirk in Dortmund und das Diakonische Werk Westfalen erklärten, eine vorübergehende Aufnahme wäre die absolute Ausnahme.

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Beim Diakonischen Werk ging eine Anfrage einer Kommune aus dem Ruhrgebiet ein, die nach einer größeren Unterbringungsmöglichkeit gefragt habe. Prinzipiell wäre das möglich, hieß es beim Diakonischen Werk. Allerdings müsse der Platz vorhanden sein und gegebenenfalls zusätzliches Personal eingestellt werden.

Die Kosten trage die Kommune, sagte Helga Siemens-Weibring, Leiterin der Abteilung Familie, Bildung, Erziehung. Allerdings müsse auf beiden Seiten abgewogen werden, dass die Übernahme von Kindern den Streik untergrabe. Die Kommune, deren Namen das Diakonische Werk derzeit nicht bekanntgibt, überlege noch, sagte die Leiterin.

Homeoffice und Notbetreuung - Eon hilft Mitarbeitern bei Kita-Streik

Beim bevorstehenden Streik der Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen hilft der Eon-Konzern seinen rund 2000 Mitarbeitern in den Verwaltungsstandorten Düsseldorf und Essen. Sie können bei Betreuungsproblemen in Absprache mit dem Vorgesetzten kurzfristig von zu Hause aus arbeiten oder Überstunden abbauen. Die Arbeitszeiten seien unter dem Motto "Vertrauensarbeitszeit" sehr flexibel organisiert, sagte ein Unternehmenssprecher.

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Notfalls könnten auch Kinder in die Düsseldorfer Zentrale mitgebracht werden. Dort gebe es auch Betreuungsräume mit der Möglichkeit, Windeln zu wechseln. Außerdem biete Eon in Düsseldorf einen Familienservice mit ausgebildeten Kinder- und Altenpflegern. Sie übernähmen auch kurzfristig und tageweise die Betreuung gegen einen kleinen Kostenanteil der Beschäftigten.

Erzieher fordern eine höhere Eingruppierung

Die Verdi-Mitglieder votierten in einer Urabstimmung mit rund 93,5 Prozent für unbefristete Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst. Beim Beamtenbund dbb waren es 96,5 und bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) knapp 96,4 Prozent. Die Gewerkschaften hatten nach fünf Runden die Tarifverhandlungen für die bundesweit 240 000 Erzieher und Sozialarbeiter in kommunalen Einrichtungen in der vergangenen Woche für gescheitert erklärt.

Sie fordern eine finanzielle Aufwertung dieser Berufe unter anderem durch eine höhere Eingruppierung. Nach Angaben der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) beläuft sich die Forderung für alle betroffenen Gruppen auf 1,2 Milliarden Euro. Sie kritisierten die Kita-Streiks. Der Tarifkonflikt dürfe nicht auf dem Rücken von Kindern und Eltern ausgetragen werden. Die VKA fordert eine Fortsetzung der Verhandlungen. Eine pauschale Zehn-Prozent-Forderung der Gewerkschaften lehnte sie erneut ab.

Städtetag fordert Verzicht auf Kita-Streiks

Der Deutsche Städtetag hat die Gewerkschaften aufgefordert, auf die angekündigten Kita-Streiks zu verzichten und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Streiks in einem so sensiblen Bereich wie der Kinderbetreuung schaden vor allem den betroffenen Eltern und Kindern", sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

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Tragfähige Lösungen werde es nur über den Verhandlungsweg geben, der längst nicht ausgeschöpft sei. Gezielte Gehaltssteigerungen in bestimmten Aufgabenbereichen nannte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags sinnvoll. "Doch mit ihrer Forderung, Erzieherinnen und Erzieher mit Grundtätigkeiten vier Entgeltgruppen höher einzustufen, schießen die Gewerkschaften eindeutig über das Ziel hinaus", sagte Articus.

Auch Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, wies die Gehaltsforderungen der Erzieherinnen und Sozialarbeiter zurück: "Die aufgestellte Forderung würde die Kommunen 500 Millionen Euro kosten. Derartige finanzielle Spielräume haben die Kommunen nicht, zumal die Eltern nicht mehr, sondern am besten gar keine Kindergartenbeiträge zahlen wollen", sagte er der Oldenburger "Nordwest-Zeitung". Landsberg verlangte einen Kompromiss mit Augenmaß: "Eine Lösung mit der Brechstange auf Kosten der Eltern und Kindern wird es nicht geben." (dpa)