Essen. Verdi hat auch an den Kindergärten zum unbefristeten Streik aufgerufen. Da die Plätze in den Notfallgruppen begrenzt sind, haben sich einige Eltern in Essen bereits selbst organisiert.
Kuscheltiere und bequeme Klamotten statt Büro und Anzug heißt es demnächst für Mohamed Makhlouf und Andreas Kurpaneck. Die beiden Väter sind Elternbeirat der Kita Schwedenheim in Essen-Frohnhausen. Aufgrund der Streikankündigung haben sie sich organisiert und einen „Plan B“ erarbeitet. Denn Verdi hat in Essen ab Montag, 11. Mai, zum Streik in den Einrichtungen des Sozial- und Erziehungsdienstes aufgerufen – dazu gehören die städtischen Kitas, die Offene Ganztagsschulen, die Sozialen Dienste der Stadt und die Behindertenwerkstätten der GSE.
„Wir rechnen damit, dass die Streikbereitschaft höher ist als die letzten Male, daher wollten wir vorbereitet sein“, sagt Andreas Kurpaneck. Er selbst hat vier Kinder, zwei davon gehen in die Kita. Für die Zeit des Streiks wollen die Eltern gemeinsam die Kinder betreuen – Reih um. „Wir haben uns entschieden, dass wir pro Elternteil fünf Kinder betreuen“, sagt Andreas Kurpaneck. Das ist die Quote, mit der auch die Tagespflege arbeitet. Nun können sich Eltern in eine Liste eintragen. „Das Angebot soll fair und solidarisch sein. Jeder muss sich einbringen“, sagt Mohamed Makhlouf. Sollte ein alleinerziehendes Elternteil arbeiten und nicht in der Lage sein, eine Betreuungsschicht zu übernehmen, dann kann auch für die Kids gekocht werden. Denn Mittagessen gibt es auch, immerhin soll die Betreuung in der Zeit von 9 bis 16 Uhr angeboten werden.
Eltern stehen hinter dem Streik der Erzieher
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Dass sie mit ihrer Aktion den Streik die Kraft nähmen, hoffen die Väter nicht. „Wir stehen hinter dem Streik. Und ich habe auch schon überlegt, ob wir nicht einfach mal mit den 20 Kindern im Rathaus aufschlagen“, überlegt Kurpaneck.
Eine andere Idee war es, den Essener Künstler Lex Spielmann anzufragen, ob die Kinder nicht an einem Tag in seinem Atelier malen könnten. Spielmann sagte zu.
Da 20 Kinder für eine Wohnung viel zu viele sind, beschaffte Mohamed Makhlouf einen Raum im Kinder- und Jugendzentrum Apostelhaus. Allerdings müssen die Eltern das Spielzeug selbst mitbringen. „Ich habe schon einen großen Sack Kuscheltiere besorgt“, lacht Andreas Kurpaneck. Das Haus ist zentral und für die meisten Eltern gut zu erreichen. „Wir verhandeln noch, ob dieser Raum umsonst ist oder wir etwas zahlen müssen“, sagt Makhlouf.
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Für den Fall, dass die Eltern ein Entgelt für die Nutzung der Räume zahlen müssen, hat Martina Peil von Verdi bereits eine Lösung: „Wenn sich Eltern zusammen schließen, sollten sie die Kosten der Stadt in Rechnung stellen.“ Verdi habe alle Mitarbeiter zum Streik aufgerufen. Die Bereitschaft sei im Vergleich zu den Warnstreiks gestiegen. Bei denen 30 von 48 städtischen Kitas geschlossen waren. „Das liegt auch daran, dass uns kein vernünftiges Angebot gemacht wurde, was eine Aufwertung gewesen wäre“, sagt Martina Peil.
„Kita ist eine kleine Familie“
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Dass die Arbeit der Erzieherinnen ein wichtiger Beitrag ist, wissen auch Mohamed Makhlouf und Andreas Kurpaneck. Für ihre selbstorganisierte Notfallgruppe fehlt ihnen noch die rechtliche Absicherung. Denn 20 Kinder zu beaufsichtigen bringt eine große Verantwortung – da kann schnell etwas passieren, wer haftet in diesem Fall? „Ich denke, wir werden da eine schriftliche Vereinbarung aufsetzten“, sagt Kurpaneck. Wie diese aussehen soll, wissen die Eltern noch nicht.
Die beiden Väter sind selbstständig, können sich ihre Arbeit also selbst einteilen. Daher wollen sie auch mit gutem Beispiel vorangehen und eine der ersten Schichten übernehmen. Ob sie keine Angst hätten, fremde Kinder zu betreuen: „Hier ist uns eigentlich niemand fremd. Die Kita hat einen sehr guten Zusammenhalt und wir kennen uns alle untereinander. Daher sind uns auch die anderen Kinder nicht fremd“, erklärt Makhlouf.