Berlin. . Eine Mehrheit im Bundestag für die Griechenland-Hilfe scheint sicher. In der Union kostet das „Ja“ aber viel Überwindung und Bosbach mag nicht mehr.

Es war nicht fünf vor, sondern nach Zwölf, als die Griechen in der Nacht auf Dienstag ihre Reformliste in Brüssel vorlegten. Sie hatten nicht nur das Zeitlimit, sondern auch die Geduld ihrer Partner auf die Probe gestellt. Das Hilfsprogramm wird um vier Monate verlängert.

Addiert man die Unterstützung der Partnerstaaten, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds, dann kommen rund sieben Milliarden Euro an Vergünstigungen zusammen. In Estland, Finnland, Holland und Deutschland müssen aber noch die Parlamente zustimmen.

Am Freitag stimmt der Bundestag darüber ab. Die Mehrheit scheint sicher. Die Linken sind dafür, die SPD auch, Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt beteuert: „Griechenland braucht mehr Zeit. Deswegen ist eine Verlängerung sinnvoll.“

In den Reihen der Union vertraut man weniger den Griechen, mehr dem eigenen Finanzminister Wolfgang Schäuble. Ein NRW-Abgeordneter erläuterte uns die Logik der gestrigen Fraktionssitzung: „Schäuble hat gut verhandelt, jetzt können wir ja nicht sagen, es reicht uns nicht.“

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Einige werden trotzdem Nein sagen, womöglich mehr als „die üblichen Verdächtigen“. Weil er das weiß, sah Fraktionschef Volker Kauder von einer Probeabstimmung ab. Viele werden mit der Faust in der Tasche zur Abstimmung schreiten, und einer wie Wolfgang Bosbach stellt sich die Sinnfrage.

Wieder wird er ablehnen, wieder aus der Reihe tanzen. Er ist es leid. Ihm kommt es wie ein Kampf gegen Windmühlen vor. „Ich will kein Don Quijote sein“, sagte er unserer Zeitung. Seit Tagen denkt er laut darüber nach, bald aufzuhören.

Beruhigungspille: Die Griechen bekommen gar kein „frisches Geld“

Die Fraktionsführung begegnet den Zweiflern mit dem Hinweis darauf, dass es um kein neues, „frisches“ Geld geht, sondern um Mittel, die längst zugesagt wurden und regulär schon 2014 geflossen wären. Die damalige Athener Regierung hatte Auflagen zugestimmt, aber sie nicht erfüllt. Nun regieren nicht mehr die Christdemokraten, sondern Linke.

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Die wollten einen Teil der Spar- und Reformauflagen nicht erfüllen. Aber die Gläubiger blieben hart. Bevor ihnen ab 1. März keine Hilfen mehr zufließen, versprachen die Griechen viel: Auf sieben Seiten sicherten sie zu, Steuerflucht, Korruption und den Zigarettenschmuggel zu bekämpfen, abgeschlossene Privatisierungen zu vollenden und das Rentensystem zu reformieren. Es sind aber nur Absichtserklärungen, Prüfaufträge, die bis April präzisiert werden sollen.

Die Troika ist noch da - heißt aber nicht mehr so

Niemand kann garantieren, dass die reformmüden Griechen ihre Zusagen einhalten werden. Neu ist, dass die Regierung nicht nur in der Kontinuität ihrer Vorgänger steht, sondern sich selbst auf Auflagen einließ. Viel hat sie nicht abmildern können. Die Gläubiger firmieren nicht länger als die verhasste Troika, sondern als „Institutionen“, die Geldgeber heißen jetzt „Partner“. Die Begriffe sind neu, die Bedingungen nicht. Bundestags-Präsident Norbert Lammert (CDU) schlug vor, ausdrücklich in einem Parlamentsbeschluss festzuhalten, dass das Programm nicht neu sei, sondern nur „verlängert“ werde.

Gerda Hasselfeldt (CSU) befürchtet „leere Versprechungen“

Die Hoffnung der neuen Regierung ist, dass sie mehr Einnahmen erzielt und sich Spielräume erwirtschaftet, um Sozialleistungen zu verbessern. In Berlin ist das Misstrauen groß, unverhohlen bei der CSU. Skepsis sei angebracht, weil das Verhalten der griechischen Regierung „nicht nur etwas forsch war“, sondern auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Vorschläge geweckt habe.

„Es dürfen keine Luftbuchungen enthalten sein und keine leeren Versprechungen“, hatte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt morgens vor Journalisten gesagt. Aber danach stimmte die Gruppe der Euro-Finanzminister in einer Telefonschaltkonferenz zu, Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel warben umgehend für eine Verlängerung. Da schwiegen viele in Fraktion, auch Gerda Hasselfeldt.