Berlin. Die Zahl der Flüchtlinge steigt, die Zahl der Abschiebungen auch. Im vergangenen Jahr wurden über 10.000 Menschen aus Deutschland abgeschoben.
Aus Deutschland sind im vergangenen Jahr so viele Menschen abgeschoben worden wie seit acht Jahre nicht mehr, insgesamt 10.884 Personen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, über die die "Neue Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) berichtet. Demnach ist die Zahl der Abschiebungen nach Jahren des Rückgangs 2014 das zweite Mal in Folge gestiegen. Höher war sie zuletzt 2006, als 13.894 Menschen abgeschoben wurden. 2013 war erstmals wieder die 10.000er-Marke überschritten worden (10.198 Abschiebungen).
Die Zahl der Asylbewerber geht seit langem nach oben. 2014 hatten in Deutschland so viele Flüchtlinge Schutz gesucht wie seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr. Insgesamt wurden 202.834 Asylanträge gestellt, rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr.
Behörde rechnet mit mehr Flüchtlingen
Und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechnet damit, dass sich die Zahl der Asylbewerber in diesem Jahr noch einmal um rund 50 Prozent erhöht. Die Behörde prognostiziert einen Anstieg auf mindestens 250.000 Erstanträge und weitere 50.000 Folgeanträge, wie die "Bild"-Zeitung (Donnerstag) berichtete.
Als Erklärung für die Entwicklung nennt das Bundesamt demnach in seiner Prognose mit dem Titel "Voraussichtliche Entwicklung der Zugänge von Asylbegehrenden" unter anderem die Bürgerkriege in Syrien und im Irak sowie den Ukraine-Konflikt. Deshalb seien "deutliche Steigerungsraten" für das laufende Jahr zu erwarten.
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Derzeit leben in der Bundesrepublik mehr als 100.000 Geduldete - also Menschen, deren Asylantrag keinen Erfolg hatte, die aus verschiedenen Gründen aber nicht abgeschoben werden. Die Regierung will ihnen mehr Chancen auf ein sicheres Bleiberecht geben, wenn sie seit mehreren Jahren hier leben, ausreichende Deutschkenntnisse haben und ihren Lebensunterhalt überwiegend selbst sichern können. Gleichzeitig sind aber auch zahlreiche Verschärfungen im Aufenthaltsrecht vorgesehen.
Mehrheit gegen Einwanderung aus Nicht-EU-Ländern
Fast zwei Drittel der Deutschen sind gegen Einwanderung aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Das geht aus der nationalen Auswertung des jüngsten "Eurobarometers" im Auftrag der EU-Kommission hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach sind die Bundesbürger mit ihrer Haltung (61 Prozent dagegen) etwas kritischer als der Durchschnitt aller befragten Europäer, von denen 57 Prozent Einwanderer aus Nicht-EU-Ländern ablehnen. Das Thema Einwanderung ist für die Deutschen das wichtigste Problem in Europa, noch vor der Schuldenkrise.
Noch höher als in Deutschland ist die Ablehnung etwa in Italien (75 Prozent), Lettland (79) oder in der Slowakei (74), geringer in Schweden (25), Großbritannien (57) und Frankreich (58). Der Einwanderung aus EU-Ländern steht die Hälfte der Deutschen positiv gegenüber.
"Das Thema ist brisanter geworden"
"Das Thema Migration ist brisanter geworden und hat die Mitte der Gesellschaft erreicht", sagte der Vertreter der EU-Kommission, Richard Kühnel, der dpa. Bessere Integration von Zuwanderern aus Drittländern sei eine gemeinsame Aufgabe. Auch der Schutz von Flüchtlingen, die über das Mittelmeer in die EU kommen, müsse verbessert werden. "Hier sollten wir mehr machen", sagte Kühnel zu der als unzureichend kritisierten EU-Mission Triton. "Jede neue Katastrophe führt uns vor Augen, dass wir noch mehr machen sollten." (dpa)