Brüssel. Angela Merkel am Rande der Erschöpfung. Nach Kiew und Moskau, Washington, Ottawa und Minsk nun auch noch Brüssel. Hier gelingt ein kleiner Erfolg.
Von Minsk nach Brüssel sind es knapp drei Stunden Flug, es war das einzige Zeitfenster, das die Kanzlerin zu einer kleinen Pause nutzen konnte. Nach der langen Nacht und dem dramatischen Ringen um eine Waffenruhe in der Ostukraine wartete beim EU-Gipfel schon die nächste Krisensitzung zum drohenden Finanzkollaps Griechenlands. Es sollte dann weitere zehn Stunden dauern, bis Angela Merkel nach Berlin zurückfliegen konnte.
Keine leichten Tage für die Kanzlerin. Merkel kam völlig übernächtigt und doch aufgekratzt aus dem Ukraine-Gipfel in Minsk nach Brüssel. Die Ringe unter den Augen waren nicht zu übersehen, aber Schwäche zeigte die Kanzlerin nicht. "Mir geht's nicht schlecht, also ich bin konzentriert, und die Woche ist ja auch noch gar nicht zu Ende, ist ja morgen noch ein Arbeitstag."
Während Frankreichs Präsident François Hollande nach all dem Stress in Minsk schon einmal Griechenland und Ägypten verwechselte, ließ sich Merkel kaum etwas von ihrer Erschöpfung anmerken. Nur einmal verlor sie kurz den Faden: "Wie war noch mal die Frage?"
Kein Illusionen über Putin
Zwei Botschaften wollte die Kanzlerin zum Abschluss ihres Dauereinsatzes auf alle Fälle loswerden. Erstens: Wir machen uns keine Illusionen über Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Deshalb treten beschlossene Sanktionen in Kraft, noch härtere Strafen werden vorbereitet. Dass Merkel zugleich ihre Befriedigung über die erreichte Vereinbarung vom Minsk nicht verhehlen wollte, gehört zum Bild dazu.
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Zweitens: Um eine Pleite Griechenlands abzuwenden und den berühmten "Grexit", also den Austritt aus der Eurozone zu verhindern, müssen die Experten ran. Ein Kompromiss sei möglich, da habe Europa schließlich gute Erfahrungen, sagte Merkel. "Noch haben wir ja ein paar Tage Zeit." Schon an diesem Freitag begannen die technischen Vorbereitungen, am Montag sind die Finanzminister dran.
"Unsere Geduld ist begrenzt."
Mit aller ihr zu Gebote stehenden Herzlichkeit begrüßte Merkel den neuen Mann aus Athen, den linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Aber sie formulierte - im typischen Merkel-Deutsch - auch eine Mahnung an den Neuling: "Dann werden wir jetzt die verschiedenen Punkte sehen, an denen wir auch gemeinsame Entscheidungen treffen müssen." Das heißt: Unsere Geduld ist begrenzt.
Eine dritte Botschaft lässt sich aus den Entwicklungen der vergangennen Tage ableiten, aber es war nicht Merkel, die sie thematisierte, sondern Frankreichs Präsident Hollande. Die deutsch-französische Achse funktioniert wieder, und der Rest der EU ist froh darüber, dass Berlin und Paris, Merkel und Hollande, in der Ukraine-Krise gemeinsam agieren. Hollande tut, als ob es nie anders gewesen wäre: "Wir waren immer offen, direkt, herzlich zueinander. Wir haben immer gut zusammengearbeitet."
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Von Merkels Krisen-Marathon war zuletzt viel die Rede. Zumindest hat das Bild etwas mit Griechenland zu tun. Von Marathon nach Athen sind es bekanntlich rund 40 Kilometer, diesen Weg musste der Legende nach ein griechischer Bote laufen, um zu Hause vom Sieg über die Perser zu berichten. Der Mann starb, so ist es überliefert, nach Ankunft vor Erschöpfung.
Tsipras der Sieger?
Für den griechischen Ministerpräsidenten Tsipras geriet die Rückkehr nach Athen weniger schmerzvoll. Als eine Art Sieger über Merkel und die EU-Bürokraten wurde er dort gefeiert. Die Kanzlerin nimmt es gelassen - und wendet sich den Niederungen der deutschen Politik zu: "Nicht, dass Sie gleich denken, es ist irgendwas Spezielles, aber man muss sich ja auch kümmern". Und ab nach Hause, Freitag ist schließlich Arbeitstag. (dpa)